Der Atomkern besteht aus Protonen und Neutronen. Protonen stoßen sich gegenseitig ab, da sie elektrisch positiv geladen sind. Neutronen sind elektrisch neutral, so dass keine elektromagnetische Wechselwirkung zwischen Neutronen untereinander oder zwischen Neutronen und Protonen beobachtet werden kann. Bei einem Elektroskop-Experiment der Elektrostatik kann veranschaulicht werden, dass die abstoßenden Kräfte groß sind. Nur wenige Ladungen können einen Metallzeiger aufgrund der gegenseitigen Abstoßung auslenken:
Im Thema "Elektrisches Feld" haben Sie gelernt, dass der Betrag der elektromagnetischen Wechselwirkung vom Abstand der geladenen Körper abhängt. Wenn Sie zwei elektrisch geladene Körper einander annähern, wird die abstoßende Kraft um so größer, je näher sich diese Körper kommen. Nach dem Coulomb-Gesetz hängt die Kraft \(F_\text{el}\) vom Abstand \(r\) wie folgt ab:
\[ F_{\text{el}} = \frac{1}{4 \cdot \pi \cdot \epsilon_0} \frac{q_1 \cdot q_2}{r^2}\]
Dabei ist:
- \(F_{\text{el}}\) = die zwischen den geladenen Körpern wirkende Kraft
- \(\epsilon_0\) = die elektrische Feldkonstante
- \(q_1\), \(q_2\) = der Ladungsüberschuss bzw. Ladungsmangel der beiden geladenen Körper
- \(r\) = der Abstand der beiden Körper (gemessen vom Mittelpunkt zum Mittelpunkt)
Das bedeutet, dass sich der Betrag der elektrischen Abstoßungskraft zwischen zwei Protonen vervierfacht, wenn sich der Abstand zwischen zwei Protonen halbiert. In der folgenden Simulation wird die Kraft zwischen zwei geladenen Körpern abhängig vom Abstand visualisiert.
Durch einen Versuch, wie dem Rutherfordschen Streuversuch kann man die Größe des Atomkerns abschätzen: der Atomkern ist extrem klein, selbst im Vergleich zur Größe eines Atoms. Das bedeutet aber folglich, dass sich im Atomkern die Protonen so nahe kommen, dass die abstoßenden Kräfte der elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen ihnen extrem groß werden.
Wenn sich die Protonen gegenseitig im Atomkern so heftig voneinander abstoßen, warum ist ein Atomkern dann stabil?
Protonen und Neutronen sind so klein, dass kein Mensch sie jemals gesehen, gehört, gefühlt oder mit anderen Sinnen wahrgenommen hat. Wir können nur mit Hilfe makroskopischer Meßgeräte, wie dem Elektroskop oder anderen Spannungsmeßgeräte schlußfolgern, dass es so etwas wie ein Proton oder Elektron geben muss, da wir die elektromagnetische Wechselwirkung messen können.
Wenn wir also mit einem Messgerät messen, dass Protonen sich gegenseitig abstoßen, gleichzeitig aber feststellen, dass in einem Atomkern sehr viele Protonen auf engstem Raum stabil zusammengehalten werden, ist die einzige logische Erklärung, dass es noch eine weitere Wechselwirkung zwischen den Atombausteinen geben muss, welche die Protonen und Neutronen zusammenhält.
Diese Wechselwirkung wird von den PhysikerInnen starke Kernkraft oder einfach starke Wechselwirkung genannt, denn sie muss extrem stark sein, um die Protonen auf einem so kleinen Volumen wie dem Kern zusammenzuhalten. Diese Wechselwirkung kann man nicht direkt messen, aber inzwischen glauben die PhysikerInnen, dass es diese Wechselwirkung gibt.