Früher genutzte technische Anwendungen:
1.3 Elektronenstrahlröhre
Bezug zum Kerncurriculum:
- Ich kann die Energiebilanz für einen freien geladenen Körper im elektrischen Feld eines Plattenkondensators angeben.
- Ich kann die Geschwindigkeit eines geladenen Körpers im homogenen elektrischen Feld eines Plattenkondensators mithilfe dieser Energiebilanz (gA: angeleitet) ermitteln.
- eA: Ich kann vorstrukturiert die Gleichung für die Bahnkurve im homogenen elektrischen Querfeld herleiten.
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Für einen kinematischen/dynamischen Ansatz zur Berechnung der Elektronen nach dem Passieren der Lochanode, müsste man die Zeit messen können, die ein Elektron für die Strecke zwischen Glühdraht und Lochanode benötigt. An diese Größe kommt man messtechnisch nicht heran. Deswegen wird ein anderer Ansatz gewählt: der Energieansatz. In der letzten Simulationen konnten Sie beobachten, dass ein Elektron Energie gewinnt, wenn es von der Beschleunigungsspannung \(U_\rm{B}\) beschleunigt wird. Für die Spannung gilt:
\[ U_\text{B} = \frac{E_\text{el}}{q}\]
Beim Durchlaufen des elektrischen Felds, das durch die Beschleunigungsspannung \(U_B\) erzeugt wird, gewinnt das Elektron die Energie \(E_\text{el}\). Diese Energie gewinnt es als kinetische Energie, denn seine Geschwindigkeit wird größer. Es gilt also:
\[ E_\text{el} = E_\text{kin}\]
mit \(E_\text{el} = U_\text{B} \cdot q\) und \(E_\text{kin} = \frac{1}{2} \cdot m_\text{e} \cdot v^2\) (\(q\) ist die Ladung und \(m_\text{e}\) ist die Masse eines Elektrons).
Einsetzen liefert:
\[ U_\text{B} \cdot q = \frac{1}{2} \cdot m_\text{e} \cdot v^2\]
also
\[ U_\text{B} = \frac{m_\text{e} \cdot v^2}{2 \cdot q}\]
Um einen Elektronenstrahl mit der Geschwindigkeit \(v\) zu erzeugen, muss man die Elektronen mit der Beschleunigungsspannung \(U_\text{B} = \frac{m_\text{e} \cdot v^2}{2 \cdot q}\) beschleunigen (gilt nur für Geschwindigkeiten von deutlich weniger als 10% der Lichtgeschwindigkeit, sonst müssen relativistische Effekte berücksichtigt werden).
Die Gleichung
\[ E_\text{kin} = E_\text{el}\]
mit \(E_\text{kin} = \frac{1}{2} \cdot m_\text{e} \cdot v^2\) und \(E_\text{el} = U_\text{B} \cdot q\) kann auch nach der Geschwindigkeit \(v\) aufgelöst werden:
\[ \require{action} \def\click{\rlap{\enclose{box}{\small\text{Zeige nächsten Schritt}}}\hphantom{\longest}} \def\={\phantom{ {} = {} }} \def\longest{\sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}}} \toggle {\begin{aligned}[t] \frac{1}{2} \cdot m_\text{e} \cdot v^2 &= U_\text{B} \cdot q \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] \frac{1}{2} \cdot m_\text{e} \cdot v^2 &= U_\text{B} \cdot q \\ v^2 &= \frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}} \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] \frac{1}{2} \cdot m_\text{e} \cdot v^2 &= U_\text{B} \cdot q \\ v^2 &= \frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}} \\ v &= \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}} \end{aligned}} \endtoggle\]
Wenn der Elektronenstrahl mit der Beschleunigungsspannung \(U_\text{B}\) beschleunigt wird, erreichen die Elektronen eine Geschwindigkeit von \(v = \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}}\).
Wenn der Elektronenstrahl die Lochanode passiert hat, nehmen wir vereinfachend an, dass in x-Richtung keine Kraft mehr auf ihn wirkt und er sich mit konstanter Geschwindigkeit in x-Richtung bewegt. Platziert man einen Kondensator parallel zur x-Richtung, dann kann der Elektronenstrahl durch die in die y-Richtung wirkende elektrische Kraft abgelenkt werden. Für die Ablenkung in y-Richtung gilt folgende Formel:
\[ y(x) = \frac{U_\text{y}}{4 \cdot d \cdot U_\text{B}} \cdot x^2\]
- \(y(x)\) = \(y\)-Koordinate des Elektronenstrahls an der Stelle \(x\) im Ablenkkondensator
- \(d\) = Abstand der Kondensatorplatten
- \(U_\text{y}\) = Spannung zwischen den Platten des Ablenkkondensators
- \(U_\text{B}\) = Beschleunigungsspannung zwischen Glühdraht und Lochanode in \(x\)-Richtung
- \(x\) = \(x\)-Koordinate des Elektronenstrahls im Ablenkkondensator
Bevor diese Formel mathematisch hergeleitet wird, sollen Sie das Verhalten des Elektronenstrahls im Kondensator mit Hilfe einer Simulation studieren:
Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment im Tab "Interaktives Experiment" wie beschrieben durch.
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Bewegung des Elektrons in x-Richtung:
Der Elektronenstrahl erreicht den Ablenkkondensator mit der Geschwindigkeit
\[ v_\text{x} = \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}}\]
im Punkt \(\text{O}(0/0)\) (Herleitung siehe Elektronenstrahlerzeugung). In \(x\)-Richtung wirkt auf das Elektron keine Kraft. Daher bewegt sich das Elektron in \(x\)-Richtung mit der konstanten Geschwindigkeit
\[ v_\text{x} = \frac{x}{t}\]
Zum Zeitpunkt \(t\) befindet sich das Elektron dann am Ort \(x = v_\text{x} \cdot t\).
Kraftwirkung auf das Elektron im Ablenkkondensator:
Innerhalb des Ablenkkondensators wird ein Elektron von der negativ geladenen Platte abgestossen und von der positiv geladenen Platte angezogen. In \(y\)-Richtung wirkt also die Kraft \(F_\text{el}\). Für die elektrische Feldstärke \(E\) gilt:
\[ E = \frac{F_\text{el}}{q}\]
mit \(q\) = Ladung eines Elektrons und damit
\[ F_\text{el} = q \cdot E\]
Die elektrische Feldstärke \(E\) kann mit Hilfe der Spannung \(U_\text{y}\) beschrieben werden:
\[ E = \frac{U_\text{y}}{d}\]
Also gilt insgesamt für die auf das Elektron wirkende elektrische Kraft \(F_\text{el}\) im Ablenkkondensator:
\[ F_\text{el} = q \cdot E = q \cdot \frac{U_\text{y}}{d}\]
oder
\[ F_\text{el} = \frac{U_\text{y} \cdot q}{d}\]
Bewegung in y-Richtung:
Aufgrund der in \(y\)-Richtung wirkenden Kraft \(F_\text{el}\), wird das Elektron in \(y\)-Richtung beschleunigt. Da sich die beschleunigende Kraft \(F_\text{el}\) innerhalb des Plattenkondensators nicht ändert, ist die Beschleunigung \(a_\text{y}\) des Elektrons in \(y\)-Richtung konstant und es gilt das Newtonsche Grundgesetz:
\[ F = m \cdot a\]
und hier speziell
\[ F_\text{el} = m_\text{e} \cdot a_\text{y}\]
Für die Beschleunigung \(a_\text{y}\) gilt also mit \(F_\text{el} = \frac{U_\text{y} \cdot q}{d}\):
\[ a_\text{y} = \frac{F_\text{el}}{m_\text{e}} = \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d}\]
Bei einer beschleunigten Bewegung in \(y\)-Richtung gilt für den Ort \(y\) (siehe Formelsammlung):
\[ y = \frac{1}{2} \cdot a_\text{y} \cdot t^2\]
ersetzt man \(a_\text{y}\) mit \(a_\text{y} = \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d}\), folgt:
\[ y = \frac{1}{2} \cdot \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d} \cdot t^2\]
\(y\)-Ablenkung in Abhängigkeit vom Ort \(x\):
Aus \(v_\text{x} = \frac{x}{t}\) folgt
\[ t = \frac{x}{v_\text{x}}\]
Damit ersetzt man \(t\) in der Formel für die Auslenkung \(y\):
\[ \require{action} \def\click{\rlap{\enclose{box}{\small\text{Zeige nächsten Schritt}}}\hphantom{\longest}} \def\={\phantom{ {} = {} }} \def\longest{\frac{1}{2} \cdot \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d} \cdot \left( \frac{x}{v_\text{x}} \right) ^2} \toggle {\begin{aligned}[t] y &= \frac{1}{2} \cdot \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d} \cdot t^2 \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] y &= \frac{1}{2} \cdot \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d} \cdot t^2 \\ y &= \frac{1}{2} \cdot \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d} \cdot \left( \frac{x}{v_\text{x}} \right) ^2 \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] y &= \frac{1}{2} \cdot \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d} \cdot t^2 \\ y &= \frac{1}{2} \cdot \frac{U_\text{y} \cdot q}{m_\text{e} \cdot d} \cdot \left( \frac{x}{v_\text{x}} \right) ^2 \\ y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot v_x^2} \cdot x^2 \end{aligned}} \endtoggle\]
Für die Geschwindkeit \(v_\text{x}\) wissen wir, dass gilt:
\[ v_\text{x} = \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}}\]
Damit wird das \(v_\text{x}\) in der Formel für die Auslenkung \(y\) ersetzt:
\[ \require{action} \require{cancel} \def\click{\rlap{\enclose{box}{\small\text{Zeige nächsten Schritt}}}\hphantom{\longest}} \def\={\phantom{ {} = {} }} \def\longest{\frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \left( \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}} \right) ^2} \cdot x^2} \toggle {\begin{aligned}[t] y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \left( \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}} \right) ^2} \cdot x^2 \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \left( \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}} \right) ^2} \cdot x^2 \\ y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}} } \cdot x^2 \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \left( \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}} \right) ^2} \cdot x^2 \\ y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}} } \cdot x^2 \\ y &= \frac{U_\text{y} \cdot \cancel{q} \cdot \cancel{m_\text{e}}}{4 \cdot \cancel{m_\text{e}} \cdot d \cdot U_\text{B} \cdot \cancel{q}} \cdot x^2 \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \left( \sqrt{\frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}}} \right) ^2} \cdot x^2 \\ y &= \frac{U_\text{y} \cdot q}{2 \cdot m_\text{e} \cdot d \cdot \frac{2 \cdot U_\text{B} \cdot q}{m_\text{e}} } \cdot x^2 \\ y &= \frac{U_\text{y} \cdot \cancel{q} \cdot \cancel{m_\text{e}}}{4 \cdot \cancel{m_\text{e}} \cdot d \cdot U_\text{B} \cdot \cancel{q}} \cdot x^2 \\ y &= \frac{U_\text{y}}{4 \cdot d \cdot U_\text{B}} \cdot x^2 \end{aligned}} \endtoggle\]
und in der funktionalen Schreibweise:
\[ y(x) = \frac{U_\text{y}}{4 \cdot d \cdot U_\text{B}} \cdot x^2\]
Damit ist die Formel begründet hergeleitet worden.