2.4 Massenspektrometer


Bezug zum Kerncurriculum:

  • Ich kann die Bewegung von freien Elektronen unter Einfluss der Lorentzkraft, unter Einfluss der Kraft im homogenen elektrischen Querfeld und im Wien-Filter beschreiben.
  • Ich kann meine Kenntnisse auf andere geladene Teilchen übertragen.
  • Ich kann den prinzipiellen Verlauf der Bahnkurven begründen

Angenommen es gibt in einer Elektronenstrahlröhre eine Elektronenstrahlquelle, die Elektronen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten aussendet. Für manche Experimente ist es notwendig, dass Elektronen mit fast gleichen Geschwindigkeiten verfügbar sind. Mit einem experimentellen Trick ist es möglich, Elektronen mit nur einer Geschwindigkeit \(v\) aus einem Strahl zu filtern. Die entsprechende experimentelle Anordnung nennt man einen Wien-Filter, der im folgenden vorgestellt wird.

Der experimentelle Trick besteht darin, gleichzeitig ein elektrisches und ein magentisches Feld zu erzeugen und den Elektronenstrahl durch die sich überlagernde Felder zu schicken. Beispielsweise könnte das Magnetfeld \(B\) in die Ebene zeigen und das elektrische Feld \(E\) aus Sicht der Kraftwirkung auf ein Elektron als negativer Probeladung von unten nach oben gerichtet sein.

Sobald der Elektronenstrahl den Bereich des geladenen Kondensators erreicht, erfährt ein Elektron eine elektrische Kraft \(F_{el}\) nach oben, da es vom Minuspol abgestoßen und vom Pluspol angezogen wird. Durch das gleichzeitig im Kondensator vorhandene Magnetfeld erfährt das Elektron nach der linken-Hand-Regel eine Lorentzkraft \(F_L\) nach unten.

Alle Elektronen, welche mit der betragsgleichen Kraft nach oben und unten abgelenkt werden, können den Wienfilter geradlinig durchfliegen (grauer Strahl). Überwiegt die elektrische Kraft \(F_{el}\), werden die Elektronen nach oben abgelenkt (roter Strahl). Ist der Betrag der Lorentzkraft \(F_L\) größer, werden die Elektronen nach unten abgelenkt (grüner Strahl).

Für die elektrische Kraft \(F_{el}\), welche im Kondensator auf ein Elektron wirkt, gilt:

\[ F_{el} = q \cdot E\]

mit \(q\) = Ladung eines Elektrons, \(E\) = Elektrische Flussdichte

Für die Lorentzkraft \(F_L\), welche im Bereich des Magnetfelds auf ein Elektron wirkt, gilt:

\[ F_L = q \cdot v \cdot B\]

mit \(q\) = Ladung eines Elektrons, \(v\) = Geschwindigkeit eines Elektrons, \(B\) = magnetische Flussdichte

Für die Elektronen, welche den Wien-Filter geradlinig durchfliegen, gilt:

\[ F_L = F_{el}\]

Setzt man die Formeln ein, folgt:

\[ \begin{align} F_L &= F_{el} \\ q \cdot v \cdot B &= q \cdot E \\ v \cdot B &= E \\ v &= \frac{E}{B} \end{align}\]

Alle Elektronen mit der Geschwindigkeit \(v = \frac{E}{B}\) können den Wienfilter geradlinig durchfliegen. Da bei der Herleitung die Ladung \(q\) weggefallen ist, gilt diese Formel für alle geladenen Objekte, also auch z.B. Protonen und Ionen.

Die magnetische Flussdichte \(B\) kann mit einer Hallsonde gemessen werden. Für die elektrische Feldstärke \(E\) gilt: \(E = \frac{U}{d}\), so dass gilt:

\[ v = \frac{E}{B} = \frac{U}{d \cdot B}\]

Die Funktionsweise eines Wienfilters können Sie in der folgenden Simulation studieren.

Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment wie beschrieben durch.

In einem neuen Fenster starten: Wienfilter

Mit Hilfe eines Wienfilters lässt sich ein Strahl von geladenen Körpern erzeugen, die alle die gleiche Geschwindigkeit haben.

Wenn geladene Teilchen durch ein Magnetfeld fliegen, das senkrecht zu ihrer Bewegungsrichtung orientiert ist, wirkt auf die geladenen Teilchen eine Lorentzkraft. Die Richtung der Lorentzkraft kann mit einer Drei-Finger-Regel bestimmt werden. Dazu spreizt man den Daumen, den Zeigefinger und den Mittelfinger im rechten Winkel zueinander ab:

  • der Daumen wird in die Flugrichtung der geladenen Körper ausgerichtet,
  • der Zeigefinger wird in die Richtung des Magnetfelds ausgerichtet,
  • der Mittelfinger zeigt die Richtung der Lorentzkraft an.

Für die Bewegung von negativ geladenen Körpern im Magnetfeld gilt:

Linke-Hand-Regel

Für die Bewegung von positiv geladenen Körpern im Magnetfeld gilt:

Rechte-Hand-Regel

Für eine Lorentzkraft gilt: \(F_L = q \cdot v \cdot B\) und für eine Zentripetalkraft gilt: \(F_{ZP} = \frac{m_e \cdot v^2}{r}\).

Wenn das Magnetfeld senkrecht zur Bewegungsrichtung der geladenen Teilchen orientiert ist, übernimmt die Lorentzkraft die Rolle einer Zentripetalkraft und zwingt die geladenen Teilchen auf eine Kreisbahn. Man kann daher Lorentzkraft und Zentripetalkraft gleichsetzen:

\[ \begin{align} F_{ZP} &= F_L \\ \frac{m \cdot v^2}{r} &= q \cdot v \cdot B \\ r &= \frac{m \cdot v}{q \cdot B} \end{align}\]

mit \(m\) = Masse des geladenen Teilchens, \(v\) = Geschwindigkeit des geladenen Teilchens, \(q\) = Ladung des geladenen Teilchens, \(B\) magnetische Flussdichte des Magnetfelds.

Wenn man den Radius der Kreisbahn der geladenen Teilchen mit Hilfe einer geeigneten experimentellen Anordnung misst, kann mit Hilfe dieser Formel für ein geladenes Teilchen:

  • die Ladung bestimmt werden, wenn die Masse bekannt ist
  • die Masse bestimmt werden, wenn die Ladung bekannt ist

Wenn weder die Masse noch die Ladung des geladenen Teilchens bekannt ist, kann der Quotient \(\frac{q}{m}\) bestimmt werden. Dieser Quotient wird spezifische Ladung genannt.

Für die spezifische Ladung gilt also, wenn sich das geladenen Teilchen durch das Magnetfeld des Massenspektrometers (MSM) bewegt:

\[ \frac{q}{m} = \frac{v}{r \cdot B_\text{MSM}}\]

Die Geschwindigkeit eines geladenen Teilchens direkt zu messen ist experimentell nur extrem schwer durchzuführen, da die Geschwindigkeiten oft sehr hoch sind. Aus dem Kapitel Wienfilter wissen wir, dass man mit Hilfe des Wienfilters durch eine Überlagerung von elektrischem und magnetischen Feld indirekt die Geschwindigkeit messen kann. Es gilt im Wienfilter (WF):

\[ v = \frac{E}{B} = \frac{U}{d \cdot B_\text{WF}}\]

Baut man eine experimentelle Anordnung, in welcher man zuerst in einem Wienfilter (WF) geladene Teilchen mit einer bestimmten Geschwindigkeit filtert und diese danach durch ein zweites Magnetfeld filegen lässt, das unabhängig vom Magnetfeld des Wienfilters ist, kann man damit die spezifische Masse von geladenen Teilchen bestimmen. Eine solche Anordnung nennt man ein Massenspektrometer (MSM).

Für die spezifische Ladung in einem Massenspektrometer, bei dem zur Bestimmung der Geschwindigkeit ein Wienfilter vorgeschaltet ist, gilt:

\[ \frac{q}{m} = \frac{\frac{U}{d \cdot B_\text{WF}}}{r \cdot B_\text{SM}} = \frac{U}{r \cdot d \cdot B_\text{WF} \cdot B_\text{MSM}}\]

mit \(m\) = Masse des geladenen Teilchens, \(q\) = Ladung des geladenen Teilchens, \(U\) = Spannung im Kondensator des Wienfilters, \(r\) = Radius der Kreisbahn im Massenspektrometer, \(d\) = Abstand der Kondensatorplatten im Wienfilter, \(B_\text{WF}\) = magnetische Flussdichte im Wienfilter, \(B_\text{MSM}\) = magnetische Flussdichte im Massenspektrometer.

In der Simulation gibt es 4 Experimente, bei denen Ionen mit unterschiedlichen Eigenschaften in das Massenspektrometer (MSM) fliegen. Mit Hilfe eines Wienfilters (WF) und eines Spektrometers (SM) sollen Sie die Eigenschaften der Ionen identifizieren. In den 4 Experimenten unterscheiden sich die Ionen in Ladung und/oder Masse und/oder Geschwindigkeit. Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment wie beschrieben durch.

In einem neuen Fenster starten: Massenspektrometer 2

Mit einem Massenspektrometer kann die spezifische Masse von Ionen gemessen werden.

  • Kennt man die Ladung eines Ions kann aus der gemessenen spezifischen Ladung dessen Masse bestimmt werden.
  • Kennt man die Masse eines Ions kann aus der gemessenen spezifischen Ladung die Ladung bestimmt werden.