2.6 Selbstinduktion


Bezug zum Kerncurriculum:

  • eA: Ich kann Spulen als Energiespeicher in Analogie zu Kondensatoren beschreiben.
  • eA: Ich kann in diesem Zusammenhang die Vorgänge beim Ein- und Ausschalten von Spulen durch Selbstinduktion erläutern.
  • eA: Ich kann die Gleichung für die Energie des magnetischen Feldes einer Spule nennen.
  • eA: Ich kann die Induktivität als Bauteileigenschaft aus einer Energiebetrachtung definieren.
  • Ich kann den Aufbau eines elektromagnetischen Schwingkreises beschreiben.

Im folgenden Experiment werden zwei baugleiche Glühbirnen zusammen mit einem Widerstand parallel an eine Spannungsquelle angeschlossen. In einem der Teilstromkreise befindet sich zusätzlich zur Glühbirne und dem Widerstand noch eine Spule mit Eisenkern.

Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment wie beschrieben durch.

Quelle: Iain Sharp

Erklärung:

Beim Einschalten des Stromkreises verändert sich die Stromstärke \(I\) in der Spule und damit auch das Magnetfeld \(B\) in der Spule. Nach dem Induktionsgesetz wird in der Spule eine Spannung induziert, wenn sich das Magnetfeld in der Spule ändert. Diese Induktionsspannung wird Selbstinduktionsspannung genannt. Es kann das Induktionsgesetz angewendet werden:

\[ U_\text{ind} = - N \cdot B \cdot \frac{d A}{d t} - N \cdot \frac{d B}{d t} \cdot A\]

Der erste Teil des Terms fällt weg, da sich die vom Magnetfeld durchsetzte Fläche \(A\) nicht ändert und damit \(\frac{d A}{d t} = 0\) ist. Zur Beschreibung der Selbstinduktionsspannung bleibt also folgender Ausdruck:

\[ U_\text{ind} = - N \cdot \frac{d B}{d t} \cdot A\]

Würde die Selbstinduktionsspannung das gleiche Vorzeichen haben wie die angelegte Spannung, würde dadurch der Stromfluss in dem Teilstromkreis verstärkt werden, so dass aus Nichts Energie erzeugt würde. Nach dem Energieerhaltungssatz kann das nicht sein, so dass die Lenzschen Regel Anwendung findet und die Selbstinduktionsspannung ein Vorzeichen haben muss, das entgegengesetzt zur angelegten Spannung ist.

Addiert man dann die angelegte Spannung und die Selbstinduktionsspannung, bekommt man im oberen Teilstromkreis einen effektiven Spannungswert, der geringer ist als die angelegte Spannung, da die Vorzeichen der beiden Spannungen entgegengesetzt zueinander sind. Wegen \(I = \frac{U}{R}\) und vergleichbar großen Widerständen steigt die Stromstärke im oberen Stromkreis langsamer an als im unteren.

Wenn sich die Stromstärke nach einiger Zeit langsamer ändert, verändert sich auch das Magnetfeld in der Spule langsamer, d.h. \(\frac{d B}{d t}\) wird kleiner und damit verringert sich auch die Selbstinduktionsspannung in der Spule, bis sie schließlich Null ist, sobald die Zielstromstärke erreicht wurde. Die Gesamtspannung im oberen Teilstromkreis nähert sich damit der Stromstärke im unteren Teilstromkreis an.

Für das Magnetfeld einer langen Spule gilt:

\[ B(t) = \mu_0 \cdot \mu_r \cdot \frac{N \cdot I(t)}{l}\]

Setzt man diesen Zusammenhang in das Induktionsgesetz ein, folgt:

\[ U_\text{ind}(t) = - N \cdot \frac{d B(t)}{d t} \cdot A = - N \cdot \frac{d \left( \mu_0 \cdot \mu_r \cdot \frac{N \cdot I(t)}{l} \right) }{d t} \cdot A\]

Die konstanten Parameter können aus der Ableitung ausgeklammert werden, da sie den Wert der Ableitung nicht ändern:

\[ U_\text{ind}(t) = - N \cdot \mu_0 \cdot \mu_r \cdot N \cdot A \cdot \frac{1}{l} \cdot \frac{d I(t)}{d t} = - \mu_0 \cdot \mu_r \cdot \frac{ N^2 \cdot A }{l} \cdot \frac{d I(t)}{d t}\]

Die konstanten Parameter werden zu einer neuen Größe zusammengefasst, der Induktivität \(L\). Für eine lange Spule gilt für die Induktivität \(L\):

\[ L = \mu_0 \cdot \mu_r \cdot \frac{ N^2 \cdot A }{l} \qquad [L] = 1 \frac{\text{V} \cdot \text{s}}{\text{A}} = 1 \, \text{Henry} = 1 \, \text{H}\]

Damit kann man für eine lange Spule mit der Induktivität \(L\) die Selbstinduktionsspannung wie folgt beschreiben:

\[ U_\text{ind}(t) = - \mu_0 \cdot \mu_r \cdot \frac{ N^2 \cdot A }{l} \cdot \frac{d I(t)}{d t} = - L \cdot \frac{d I(t)}{d t} \]

oder noch kürzer:

\[ U_\text{ind}(t) = - L \cdot \frac{d I(t)}{d t} = - L \cdot \dot {I(t)}\]

Eine Spule kann in einem Stromkreis als Energiespeicher eingesetzt werden. Das können Sie in der folgenden Simulation studieren.

Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment wie beschrieben durch.

Quelle: Iain Sharp

Erklärung:

Wenn der Schalter geöffnet wird, beginnt in der Spule die Stromstärke zu sinken. Sobald sich die Stromstärke verändert, beginnt das Magnetfeld in der Spule schwächer zu werden. Ein sich änderndes Magnetfeld hat eine Selbstinduktionsspannung zur Folge, die der Ursache entgegengesetzt orientiert ist.

Die Selbstinduktionsspannung sorgt dafür, dass die Spule wie eine Batterie den Stromfluss solange aufrecht erhält, bis das Magnetfeld in der Spule den Wert \(B = 0\) erreicht hat.

Für die Energiemenge, die eine Spule der Induktivität \(L\) bei einer Stromstärke \(I\) speichert, gilt:

\[ E_{mag} = {1 \over 2} \cdot L \cdot {I^2}\]

In einer Schaltung, in der ein Kondensator und eine Spule eingebaut sind kann Energie zwischen Kondensator und Spule hin- und herschwingen.

Für die elektrische Energie im Kondensator gilt:

\[ E_{el} = {1 \over 2} \cdot C \cdot U^2 \]

Für die magnetische Energie in der Spule gilt:

\[ E_{mag} = {1 \over 2} \cdot L \cdot {I^2}\]

Es entsteht ein elektrischer Schwingkreis. Die Energie pulsiert zwischen Kondensator und Spule hin- und her. Aufgrund der Energieverluste in den Widerständen der Bauteile wird die Energie an die Umgebung in Form von Wärme abgegeben, so dass regelmäßig durch Schließen des Schalters der Energieverlust durch die Spannungsquelle ausgeglichen werden muß.

Quelle: Iain Sharp