Licht, das Sie im letzten Thema als elektromagnetische Welle kennengelernt haben, ist der Ausgangspunkt für die Krise der Physik am Ende des 19. Jahrhunderts, dem Jahrhundert der Dampfmaschinen und der Gasbeleuchtung. Dampfmaschinen transportierten Menschen und Güter und waren der Antrieb für die Maschinen in den Fabrikhallen. Straßen und Häuser wurden mit Gaslampen beleuchtet. Beide Technologien erzeugten Schmutz und waren gefährlich. Dampfkessel in Dampfmaschinen und Gas konnten explodieren, was beides leider immer wieder vorkam.
Das Ende des 19. Jahrhunderts war eine Epoche großer Umbrüche. 1862 entwickelte Otto den ersten Gas-Viertaktmotor, der ohne explosiongefährdeten Dampfkessel auskam. 1883 wurde der erste mit Benzin betriebene Viertakt-Motor vorgestellt und bald darauf fuhr das erste Automobil. In den USA wurden ab 1880 die ersten Gebäude mit Glühlampen beleuchtet und eine dafür notwendige Infrastruktur an Kraftwerken und Stromnetzen entwickelt. In Fabriken wurden die Werkshallen bald mit elektrischem Licht beleuchtet. Die ersten Glühlampen benötigten viel elektrische Energie, von der sie die meiste Energie in Wärme umwandelten. Da elektrische Energie sehr teuer war, wurde bald klar, dass diejenigen im Vorteil waren, die möglichst effizient elektrische Energie in Lichtenergie umwandeln konnten, um die Beleuchtungskosten deutlich zu senken. Das Thema "Licht" wurde an den Universitäten intensiv erforscht.
In Glühlampen wird ein Glühdraht so stark erhitzt, dass er zu glühen beginnt. 1897 wurde von Thomson das Elektron entdeckt und die Physiker*innen lernten bald, dass Licht ausgesendet wird, wenn Elektronen beschleunigt werden. Im Glühdraht werden die Elektronen stark beschleunigt, da sie ständig mit den stark schwingenden Metallatomen wechselwirken. Bei diesen Beschleunigungsvorgängen senden die Elektronen Licht aus. Wenn man es schaffen könnte, dass weniger elektrische Energie in Wärmeenergie und mehr Energie in Lichtenergie umgewandelt wird, dann könnten Glühbirnen effizienter und damit kostengünstiger betrieben werden. Bald erkannte man, dass die Wärme, welche eine Glühbirne aussendet, auch Licht ist: das unsichtbare Infrarotlicht, was auch Wärmestrahlung genannt wird. Wärmestrahlung und Licht sind beides elektromagnetische Wellen mit unterschiedlichen Wellenlängen. Wenn man es also schaffte, dass ein glühender Körper weniger Infrarotlicht aussendet und mehr sichtbares Licht, dann könnten Fabrikhallen kostengünstiger beleuchtet werden.
Der Zusammenhang zwischen der Temperatur eines Körpers und dem von diesem Körper ausgesandten Lichts wurde intensiv experimentell untersucht, so dass den theoretischen Physiker*innen bald viele Messdaten für ihre Überlegungen zur Verfügung standen. In der folgenden Simulation wird der Zusammenhang zwischen der ausgesandten Farbe einer Lichtquelle, also der Wellenlänge \(\lambda\) und der Intensität \(I\) der Farbe bei einer bestimmten Temperatur des Körpers dargestellt.
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Aktivieren Sie "Bezeichnungen" und "Werte in Grafik" und schieben Sie die Temperatur auf 200 K. Klicken Sie an der y-Achse auf das Vergrößerungssymbol, bis die Vergrößerung maximal ist und klicken Sie an der x-Achse auf das Verkleinerungssymbol, bis sie die komplette Achse sehen. Interpretieren Sie die sichtbare Kurve.
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Schieben Sie die Temperatur auf 3050 K, also die Temperatur des Glühdrahts einer Glühbirne. Verändern Sie an der y-Achse und an der x-Achse die Vergrößerung, bis sie die Kurve sehen. Interpretieren Sie die sichtbare Kurve.
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Schieben Sie die Temperatur auf 5800 K, also die Oberflächentemperatur der Sonne. Verändern Sie an der y-Achse und an der x-Achse die Vergrößerung, bis sie die Kurve sehen. Interpretieren Sie die sichtbare Kurve.
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Schieben Sie die Temperatur auf 11000 K, also die Oberflächentemperatur eines extrem heißen Sterns. Verändern Sie an der y-Achse und an der x-Achse die Vergrößerung, bis sie die Kurve sehen. Interpretieren Sie die sichtbare Kurve.
Zu 1.: Bei einer Temperatur von 200 K sendet ein Körper nur Wärmestrahlung (Infrarotstrahlung) aus. Die Leistungsdichte ist extrem gering, es wird also kaum Energie ausgesendet.
Zu 2.: Bei einer Temperatur von 3000 K sendet der Glühdraht neben der Infrarotstrahlung auch sichtbares Licht aus. Die Leistungsdichte ist deutlich angestiegen, wobei die meiste Energie als Wärmeenergie ausgesendet wird (Fläche unter der Kurve im Infrarotbereich).
Zu 3.: Bei einer Temperatur von 5800 K sendet die Sonne ultraviolettes, sichtbares und Infrarotlicht aus. Die Leistungsdichte ist weiter deutlich angestiegen, wobei zunehmend Energie im sichtbaren Bereich ausgesendet wird (Fläche unter der Kurve im sichtbaren Bereich). Das Licht erscheint für einen menschlichen Beobachter weiß.
Zu 4.: Bei einer Temperatur von 11000 K sendet ein Stern ultraviolettes, sichtbares und Infrarotlicht aus. Die Leistungsdichte ist weiter deutlich angestiegen, wobei zunehmend Energie im ultravioletten Bereich ausgesendet wird (Fläche unter der Kurve im ultravioletten Bereich). Das Licht erscheint für einen menschlichen Beobachter bläulich.
Ein Ziel der PhysikerInnen war es, diese Meßkurve mathematisch zu beschreiben. Gesucht war also eine Formel, in welche bei konstanter Temperatur \(T\) die Wellenlänge \(\lambda\) eingesetzt werden kann, so dass die Formel die Energiedichte \(u\) für diese Wellenlänge berechnet. Eine erste Formel wurde von Rayleigh hergeleitet, im Jahr 1900 veröffentlicht und lautete:
\[
u(\lambda) = \frac{8 \pi \cdot k \cdot T}{c} \cdot \frac{1}{\lambda^2}\]
Dabei ist \(u(\lambda)\) = Energiedichte in Abhängigkeit der Wellenlänge \(\lambda\), \(k\) = Boltzmannkonstante, \(T\) = Temperatur in Kelvin, \(\lambda\) = Wellenlänge. (Mit Hilfe der Boltzmannkonstante \(k\) kann die mittlere Energie eines einatomigen freien Teilchens beschrieben werden: \(E = \tfrac{3}{2} \cdot k \cdot T\).)
Sie können sofort sehen, dass die Formel von Rayleigh die experimentellen Daten nicht richtig beschreibt. Wenn man die Wellenlänge gegen Null gehen läßt, dann gehen die y-Werte, also die Energiedichten gegen unendlich. Dieses Problem nannten die PhysikerInnen Ultraviolett-Katastrophe und meinten damit, dass ein Körper, der immer heißer wird, irgendwann unsichtbar sein müsste, da vor allem Licht im nicht sichtbaren Wellenlängenbereich ausgesendet werden würde. Das konnnte man aber nicht beobachten.
Max Planck in Berlin beschäftigte sich im Jahr 1900 mit diesem Problem und fand eine Formel, welche zu den experimentellen Daten passte:
\[
u(\lambda) = \frac{8 \pi \cdot h}{\left( e^{\frac{h \cdot c}{k \cdot T \cdot \lambda}} - 1 \right) \cdot \lambda^3}\]
Dabei ist \(u(\lambda)\) = Energiedichte in Abhängigkeit der Wellenlänge, \(k\) = Boltzmannkonstante, \(T\) = Temperatur in Kelvin, \(c\) = Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, \(\lambda\) = Wellenlänge.
Zusätzlich zu den bekannten Größen verwendete Planck in dieser Formel eine Hilfsgröße \(h\), die einen Zahlenwert von \(6,6 \cdot 10^{-34}\) bekam. Max Planck formulierte mit Hilfe dieser Hilfsgröße eine revolutionäre Annahme:
Elektronen senden Licht nicht kontinuierlich wie eine Lichtwelle aus, sondern Elektronen geben Licht in Energieportionen an die Umgebung ab.
Die Größe einer Energieportion (Quant) kann mit Hilfe der Hilfskonstante \(h\) aus der Wellenlänge \(\lambda\) berechnet werden:
\[
E = h \cdot \frac{c}{\lambda}\]
Rechnet man die Wellenlänge \(\lambda\) in die Frequenz \(f\) mit \(c = \lambda \cdot f\) um, dann folgt:
\[
E = h \cdot f\]
Mit der Annahme, dass Elektronen Licht nur in Energieportionen aussendet, konnte er mit mathematischen Methoden der statistischen Physik seine Strahlungsformel herleiten, welche bestens zu den experimentellen Meßdaten passte. Planck hatte die Konstante \(h\) als eine Hilfskonstante angesehen (daher wahrscheinlich auch der Buchstabe \(h\)) und ging davon aus, dass \(h\) nach weiteren Forschungsarbeiten im Rahmen einer verbesserten Theorie wieder ersetzt werden könnte. Es sollte sich aber bald herausstellen, dass \(h\) eine grundsätzliche Bedeutung hat. Die Ideen von Planck lösten eine fundamentale Krise der klassischen Physik aus, in deren Folge eine völlig neue Theorie, die Quantentheorie entwickelt wurde.