"Licht ist eine elektromagnetische Welle"
Licht wird im klassischen Modell als eine elektromagnetische Welle modelliert, die aus einem pulsierenden elektrischen und magnetischen Feld besteht. Die Frequenz \(f\) gibt an, wie oft pro Sekunde das elektrische Feld ein magnetisches Feld induziert und umgekehrt. Licht bewegt sich mit der Lichtgeschwindigkeit \(c\). Der Zusammenhang zwischen der Wellenlänge \(\lambda\) des Lichts und der Frequenz \(f\) ist \(c = \lambda \cdot f \) oder \(\lambda = \frac{c}{f}\).
Im folgenden denken wir uns ein einzelnes freies Elektron im Vakuum auf das Licht trifft. Vereinfachend denken wir uns nur einen Wellenzug der in nur eine Raumrichtung schwingt.
Absorption: Wenn die monochromatische elektromagnetische Welle (einfarbiges Licht) auf das ruhende freie Elektron trifft, wirkt auf das Elektron das zeitlich sinusförmige elektrische und magnetische Feld der transversalen Lichtwelle. Die elektrische Kraft und die magnetische Lorentzkraft beschleunigen das Elektron senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle, das deswegen eine harmonische Schwingung mit der gleichen Frequenz wie die ankommende Lichtwelle ausführt.
Emission: Das oszillierende Elektron wird durch das elektromagnetische Wechselfeld der ankommenden Lichtwelle ständig beschleunigt und sendet deswegen eine elektromagnetische Welle in alle Richtungen aus, mit Ausnahme der Richtung, in welche das Elektron schwingt. Die größte Intensität beobachtet man in der Richtung, die senkrecht zur Schwingungsebene des Elektrons steht und in der Höhe der Ruhelage des Elektrons ist. Da das Elektron in der genau gleichen Frequenz schwingt, wie die anregende Lichtwelle, hat die emittierte Lichtwelle die gleiche Frequenz und Wellenlänge, wie die ankommende Lichtwelle.
Modelliert man die Absorption und Emission von monochromatischem Licht durch ein Elektron mit dem Modell einer elektromagnetischen Welle, dann folgt:
- das Elektron wird in eine Richtung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung beschleunigt,
- im zeitlichen Mittel bleibt das Elektron an seiner Position,
- die Wellenlängen des absorbierten und emittierten Lichts stimmen überein.
"Licht besteht aus Energiequanten"
Albert Einstein hat mit der wohl berühmtesten Formel der Physikgeschichte gezeigt, dass Masse und Energie äquivalent sind:
\[
E = m \cdot c^2\]
Wenn man Licht so modelliert, dass es aus Lichtquanten besteht, dann besitzt jedes Lichtquant eine bestimmte Energiemenge:
\[
E_\text{Lichtquant} = h \cdot f = h \cdot \frac{c}{\lambda}\]
Setzt man diese Formeln gleich, dann folgt
\[
\begin{align}
m_\text{Lichtquant} \cdot c^2 &= h \cdot \frac{c}{\lambda} \\
m_\text{Lichtquant} &= \frac{h \cdot c}{c^2 \cdot \lambda} = \frac{h}{c \cdot \lambda}
\end{align}\]
Jedem Lichtquant, das eine bestimmte Energiemenge transportiert, kann nach Einstein eine Masse \(m_\text{Lichtquant} = \frac{h}{c \cdot \lambda}\) zugeordnet werden. Jeder Körper, dem eine Masse zugeordnet werden kann, hat einen bestimmten Impuls \(p = m \cdot v\). Der Impuls eines Lichtquants, das sich mit der Lichtgeschwindigkeit \(c\) bewegt, ist dann:
\[
\begin{align}
p_\text{Lichtquant} &= m_\text{Lichtquant} \cdot c \\
p_\text{Lichtquant} &= \frac{h}{c \cdot \lambda} \cdot c \\
p_\text{Lichtquant} &= \frac{h}{\lambda}
\end{align}\]
Einem Lichtquant, das sich mit der Lichtgeschwindigkeit \(c\) bewegt, kann ein Impuls \(p_\text{Lichtquant} = \frac{h}{\lambda}\) zugeordnet werden.
Der Impuls ist eine "quantenhafte" Eigenschaft eines Lichtquants, denn jedes einzelne Lichtquant besitzt den Impuls \(p = \frac{h}{\lambda}\). Bei Licht einer bestimmten Wellenlänge kann der Impuls nicht in beliebigen Beträgen auftreten, sondern nur in Vielfachen von \(\frac{h}{\lambda}\). Es gilt
- Je kleiner die Wellenlänge einer Lichtsorte ist, desto größer ist der Impuls eines Lichtquants dieser Lichtsorte
- Je größer die Wellenlänge einer Lichtsorte ist, desto kleiner ist der Impuls eines Lichtquants dieser Lichtsorte
Bei Röntgenstrahlung ist der Impuls eines Lichtquants erheblich größer als z.B. bei sichtbarem Licht, da die Wellenlänge \(\lambda\) bei Röntgenlicht (\(10^{-10} - \, 10^{-12} \, \text{m}\)) erheblich kürzer als die von sichtbarem Licht (\(380 \cdot 10^{-9} - \, 780 \cdot 10^{-9} \, \text{m}\)) ist.
Modellierung der Absorption eines Lichtquants: Wenn ein Lichtquant auf ein freies Elektron trifft, absorbiert das freie Elektron die gesamte Energiemenge des Lichtquants. Das Lichtquant ist verschwunden und die Energiemenge des Lichtquants wurde in kinetische Energie des Elektrons umgewandelt. Dem Lichtquant wurde vor der Absorption ein Impuls zugeordnet. Da der Impulserhaltungssatz gilt (die Gesamtsumme aller Impulse in einem System ist konstant), hat sich durch die Absorption des Lichtquants nicht nur die Energie des Elektrons sondern auch der Impuls des Elektrons geändert.
Modellierung der Emission eines Lichtquants: Wenn ein Elektron Licht emittiert, dann sendet es eine bestimmte Energiemenge als Lichtquant aus. Durch die Emission eines Lichtquants hat das Elektron Energie verloren und der Impuls des Elektrons hat sich geändert.
Bei der Absorption und Emission eines Lichtquants durch ein Elektron müssen die Größen "Energie" und "Impuls" betrachtet werden. Für beide Größen gilt der Erhaltungssatz:
Die Gesamtenergie \(E_\text{ges}\) und der Gesamtimpuls \(p_\text{ges}\) in einem abgeschlossenen System ist konstant.
Energie- und Impulsbilanz bei der Absorption und Emission eines Lichtquants:
Das freie Elektron habe die Ruhemasse \(m_1\) und die Ruheenergie \(E_\text{e,1}\). Das ankommende Lichtquant habe die Energie \(E_\text{Lq,1} = h \cdot \frac{c}{\lambda_1}\). Nach der Absorption des ankommenden Lichtquants wird unmittelbar ein Lichtquant in einem zufälligen Winkel \(\alpha\) relativ zu seiner ursprünglichen Richtung emittiert. Da das emittierte Lichtquant seine Richtung geändert hat, muss das Elektron nach der Emission des Lichtquants einen Impuls haben, der größer als Null ist, da sonst der Impulserhaltungssatz verletzt wäre. Wenn der Impuls des Elektrons nach der Emission des Lichtquants größer als Null ist, muss es eine Geschwindigkeit haben, die größer ist als Null. Damit hat das Elektron nicht mehr alle Energie an das emittierte Lichtquant abgegeben. Die Energie des emittierten Lichtquants ist daher kleiner als die des absorbierten Lichtquants.
Für die Energiebilanz nach der Lichtquantenemission gilt:
\[
E_\text{e,1} + E_\text{Lq,1} = E_\text{e,2} + E_\text{Lq,2}\]
Da \(E_\text{e,2} > E_\text{e,1}\) folgt daraus, dass \(E_\text{Lq,2} < E_\text{Lq,1}\). Das emittierte Lichtquant hat eine geringere Energie als das absorbierte Lichtquant. Es gilt also
\[
E_\text{Lq,2} = h \cdot \frac{c}{\lambda_2} < h \cdot \frac{c}{\lambda_1} = E_\text{Lq,1}\]
Da die Planck-Konstante \(h\) und die Lichtgeschwindigkeit \(c\) unveränderlich sind, kann sich nur die Wellenlänge \(\lambda\) ändern. Es gilt also
\[
\begin{align}
h \cdot \frac{c}{\lambda_2} &< h \cdot \frac{c}{\lambda_1} \\\\
\frac{1}{\lambda_2} &< \frac{1}{\lambda_1} \\\\
\lambda_1 &< \lambda_2
\end{align}\]
Damit der Energieerhaltungssatz und der Impulserhaltungssatz nicht verletzt wird, muss das emittierte Lichtquant eine größere Wellenlänge als das absorbierte Lichtquant haben, wenn die Modellierung von Licht mit dem Lichtquantenmodell zutrifft. Damit hat man ein kritisches Experiment gefunden, mit welchem getestet werden kann, ob das Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" oder das Modell "Licht besteht aus Energiequanten" zutrifft:
- Wenn in einem Realexperiment, bei dem monochromatisches Licht an Elektronen gestreut wird, neben der ursprünglichen Wellenlänge \(\lambda_1\) eine größere Wellenlänge \(\lambda_2\) beobachtet wird, dann kann das nur mit dem Modell "Licht besteht aus Energiequanten" modelliert werden.
- Wenn das Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" das Verhalten von Licht richtig modelliert, dann dürfte bei einem Streuungsexperiment von monochromatischem Licht an Elektronen nur eine einzige Wellenlänge beobachtet werden.
Im Jahr 1922 bestrahlte Arthur Compton einen Körper mit monochromatischer Röntgenstrahlung einer Wellenlänge \(\lambda_1\). Als er die von dem Körper ausgesandte Wellenlänge \(\lambda_2\) maß, fand er Licht mit einer Wellenlänge die größer war, als die Wellenlänge der eingestrahlten Röntgenstrahlung.
Dieses Experiment ging als das kritische Experiment in die Geschichte ein, infolgedessen das Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" aufgegeben werden musste und das neue Modell "Licht besteht aus Energiequanten" an dessen Stelle trat. Für die Interpretation des Experiments erhielt Compton 1927 den Nobelpreis für Physik.
Compton leitete eine Formel her, mit welcher sich die Wellenlängenänderung vorhersagen lässt. Die Herleitung für diese Formel können Sie in der Literatur nachlesen.
\[
\Delta \lambda = \lambda_2 - \lambda_1 = \frac{h}{m_0 \cdot c} \cdot (1 - cos (\alpha))\]
Hierbei sind \(\Delta \lambda\) = Änderung der Wellenlänge, \(\lambda_1\) = Wellenlänge des absorbierten Lichtquants, \(\lambda_2\) = Wellenlänge des emittierten Lichtquants, \(h\) = Planck-Konstante, \(m_0\) = Elektronenmasse, \(c\) = Lichtgeschwindigkeit, \(\alpha\) = Streuwinkel. Die Wellenlängenänderung \(\Delta \lambda\) hängt nur vom Streuwinkel ab (alle anderen Größen in der Formel sind Konstanten) und nicht von der Wellenlänge der ankommenden Lichtquanten. Das Experiment zeigt weiter, dass der Streuwinkel nicht vorhergesagt werden kann, sondern jedes Lichtquant zufällig in eine bestimmte Richtung gestreut wird.