Bei der Beschäftigung mit Experimenten in atomarer Größenordnung haben PhysikerInnen gelernt, dass die Modellierung solcher Experimente nicht mit den klassischen Modellen möglich ist. Vielmehr wurde erkannt, dass eine Vielfalt von Modellen kombiniert werden muss, um die Phänomene in der atomaren Welt geeignet modellieren zu können. Sie haben bislang die folgenden Modelle kennengelernt:
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Wellen-Modell: Bei bestimmten Experimenten erzeugen Quantenobjekte ein Interferenzmuster auf dem Schirm. Zur Modellierung des Interferenzmusters verwenden wir bei einem solchen Experiment ein Wellenmodell und nehmen im Rahmen dieses Experiments an, dass die Quantenobjekte wellenartig sind.
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Teilchen-Modell: Bei bestimmten Experimenten wechselwirken Quantenobjekte immer an einem bestimmten Ort und tauschen bestimmte Mengen an Energie und Impuls aus. Zur Modellierung der Wechselwirkung verwenden wir bei einem solchen Experiment ein Teilchenmodell und nehmen im Rahmen dieses Experiments an, dass die Quantenobjekte teilchenartig sind.
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stochastisches Modell (Zufall): Bei bestimmten Experimenten kann man grundsätzlich nicht genau vorhersagen, wo oder wann ein Quantenobjekt mit einem anderen Quantenobjekt wechselwirken wird. Zur Modellierung des grundsätzlich zufälligen Verhaltens benötigen wir neue Modelle, die Sie bislang noch nicht kennengelernt haben.
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welcher-Weg-Modell: Wenn man bei bestimmten Experimenten eine Messanordnung einbaut, mit der man messen könnte, welchen Weg ein Quantenobjekt von der Quelle zum Schirm genommen hat, verschwindet das Interferenzbild. Zur Modellierung des "Welcher-Weg-Phänomens", dass Interferenzmuster durch eine Änderung des experimentellen Aufbaus verschwinden, benötigen wir neue Modelle, die Sie bislang noch nicht kennengelernt haben.
In diesem Kapitel werden Sie einen experimentellen Aufbau kennenlernen, mit dessen Hilfe wir die Modellierung von Quantenobjekten in einer möglichst einfachen Situation durchdenken können, um Modelle zu entdecken, mit welchen Quantenobjekte geeignet modelliert werden können. Ein solcher Aufbau ist ein Mach-Zehnder-Interferometer:
In diesem Kapitel sollen Sie den Aufbau und die Funktionsweise eines Mach-Zehnder-Interferometers detailliert kennenlernen. Dabei werden wir Gedankenexperimente durchführen und dabei überlegen, welche Vorhersagen wir machen können, wenn wir annehmen, dass
- klassische Objekte
- elektromagnetische Wellen
- Photonen
das Mach-Zehnder-Interferometer durchqueren.
Beim Doppelspaltexperiment mit einzelnen Photonen haben Sie gelernt, dass es nicht möglich ist, den Wechselwirkungsort auf dem Schirm vorherzusagen. Es kann nur die Wahrscheinlichkeit angegeben werden, ein Photon an einer Stelle auf dem Schirm zu detektieren. Mit Hilfe des Mach-Zehnder-Interferometers wollen wir ein Modell entwickeln, mit dem es möglich ist, einen Wert für die Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, ein Photon an einem der beiden Detektoren zu detektieren.
Beim Mach-Zehnder-Interferometer gibt es von der Quelle zu einem der beiden Detektoren nur zwei mögliche Wege. Die Wege sind räumlich getrennt, so dass die Wege einzeln manipuliert werden können. So hat man mit nur zwei möglichen voneinander räumlich getrennten Wegen, die denkbar einfachste Situation, um Interferenz an einem Detektor erzeugen zu können.