4.11 Verschränkung


Optische Erscheinungen, die man aus alltäglichen Erfahrungen kennt, sind linear. Die beobachteten Effekte sind im klassischen Modell der elektromagnetischen Welle proportional zu den einwirkenden Feldstärken des elektrischen oder magnetischen Feldes der Lichtwelle. Dabei kommt es zu Reflexion, Brechung, Absorption und Streuung. Was man nicht beobachtet, ist eine Änderung der Lichtwellenlänge.

Im Jahr 1961 fokussierten zwei Physiker der Unversität Michigan den roten Strahl eines Rubinlasers in einen Quartzkristall und stellten fest, dass das aus dem Kristall ausgetretene Licht aus zwei Wellenlängen bestand: die Wellenlänge des Lasers von 694 nm und die halbe Wellenlänge von 347 nm (UV-Licht). Das war die erste Beobachtung eines nichtlinearen Effektes, nämlich der Frequenzverdopplung. Später beobachtete man, dass auch das Polarisationsverhalten durch nichtlineare Kristalle verändert werden konnte. Diese Effekte werden als nichtlineare Optik bezeichnet.

Mit Hilfe von zwei gleichen nichtlinearen Kristallen können Photonen erzeugt werden, deren Polarisation verschränkt ist. Dazu werden zwei nichtlineare Kristalle direkt hintereinander aufgestellt und in einem Winkel von 90° zueinander verdreht. Wenn die Polarisation des ankommenden blauen Lasers vertikal ist, dann werden horizontal polarisierte Photonenpaare im ersten Kristall erzeugt. Ist die Polarisation des blauen Lasers horizontal, dann werden vertikal polarisierten Photonen im zweiten Kristall erzeugt. Ist die Polarisation des Lasers diagonal, so werden Photonenpaare entweder im vorderen oder im hinteren Kristall erzeugt.

Wenn die Kristalle sehr dünn sind und über eine geeignete Drehung der Kristalle erreicht wird, dass man nicht mehr unterscheiden kann, von welchen Kristallen die Photonen emittiert wurden, kann man nicht mehr feststellen, welche Polarisation die einzelnen Photonenpaare haben. Dadurch befinden sich die Photonenpaare in einem undefinierbaren Polarisationszustand. Erst im Moment der Wechselwirkung nehmen die Photonen zufällig einen der beiden Polarisationszustände ein.

In der folgenden Simulation können Sie dieses Verhalten beobachten. Wenn ein Photon ein Polfilter erreicht, dann nimmt es zufällig einen Polarisationszustand ein, der vorher nicht existiert hat. Beide Photonen haben nach der Messung den gleichen Zustand. Es ist nicht so, dass der Polarisationszustand bei der Emission den Photonen bekannt ist und nur die Beobachter den Zustand erst erfahren, wenn die Photonen die Polfilter erreichen. Man kann zeigen, dass der Polarisations-Zustand tatsächlich unbestimmt ist und beide möglichen Zustände in Superposition existieren. Erst im Moment der Messung kollabiert die Superposition und einer der beiden Zustände wird zufällig angenommen.

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Dieses Verhalten ist erstaunlich. Da man zeigen kann, dass die Polarisation der verschränkten Photonen vor der Wechselwirkung mit dem Polarisationsfilter unbestimmt ist, könnte man annehmen, dass die Photonen die Information im Moment der Messung austauschen. Das widerspricht der Relativitätstheorie, die davon ausgeht, dass die Lichtgeschwindigkeit die größte messbare Geschwindigkeit ist.

Wenn eine Kommunikation unmöglich ist und die Polarisation vor der Messung unbestimmt ist, kann es nur eine mögliche Schlussfolgerung geben: die beiden verschränkten Photonen bilden ein nichtlokales Quantensystem. Die Photonen werden zwar an zwei Orten gemessen sind aber eins. Diese Nichtlokalität ist eine der seltsamsten Beobachtungen, die den PhysikerInnen bislang gelungen ist.

Beispiel 1:
Bei der Magnetfeldwahrnehmung von Rotkehlchen, hat man Hinweise gefunden, dass die Ursache dafür ein verschränktes Elektronenpaar ist. Bei diesen Elektronen ist die Eigenschaft Spin verschränkt (klassisch kann man sich einen Elektronenspin als Rotation des Elektrons um seine eigene Achse vorstellen): Spektrum der Wissenschaft.

Beispiel 2:
Gabriela Lemos und Anton Zeilinger von der Universität Wien konnten ein Photo mit verschränkten Photonen aufnehmen, bei dem das eine Photon mit dem aufzunehmenden Objekt wechselgewirkt hat, während das verschränkte Photon direkt zur CCD-Kamera geschickt wurde. Obwohl die von der Kamera aufgenommenen Photonen nie beim Objekt waren, konnten Sie aufgrund ihrer Verschränkung mit den Photonenpartnern das Bild (in diesem Fall eine Katze) auf die CCD übertragen: Universität Wien.

Beispiel 3:
Mario Krenn von der Universität Wien konnte eine 100-dimensionale Verschränkung zweier Photonen erzeugen. Damit können die beiden verschränkten Photonen eine große Menge an Informationen nichtlokal teilen: Universität Wien.

Beispiel 4:
Mit einem ringförmigen Resonator können verschränkte Photonenpaare erzeugt werden, von denen ein Photon im sichtbaren und das mit ihm verschränkte im infraroten Wellenlängenbereich ist: Scinexx.

Beispiel 5:
Chinesische Wissenschaftler konnten verschränkte Photonen über eine Distanz von 1200 km voneinander entfernt messen. Mit dieser Technik soll eine abhörsichere Kommunkation ermöglicht werden: Spiegel.