Zur Studienorientierung wird diese Formel im folgenden hergeleitet. Im Abitur wird diese Herleitung nicht geprüft.
Im Teilstromkreis des Schwingkreises gilt die Maschenregel: Geht man in einem Stromkreis von einem Pol zum anderen Pol, so ist die Summe der Teilspannungen über den elektrischen Bauteilen gleich der Spannung der Quelle. Im hier betrachteten Fall wird die Spannungsquelle abgetrennt, so dass die Gesamtspannung im Teilstromkreis von Kondensator und Spule \(U_\text{ges} = 0\) ist. Es gilt also:
\[
U_\text{ges} = U_C + U_L = 0\]
Die Elektronen fließen von der einen Platte des Kondensators zur anderen, so dass sich die Ladung \(Q\) auf den Kondensatorplatten ständig ändert. Für die Spannung \(U_C\) am Kondensator gilt dann: \(U_C(t) = \frac{Q(t)}{C}\).
Da sich die Stromstärke \(I(t)\) in der Spule ständig ändert, wird in der Spule eine Selbstinduktionsspannung \(U_L\) induziert, die sich ebenfalls ständig ändert, so dass gilt: \(U_L(t) = L \cdot \frac{d I(t)}{dt}\).
Damit gilt insgesamt:
\[
\begin{align}
U_C(t) + U_L(t) &= 0 \\
\frac{Q(t)}{C} + L \cdot \frac{d I(t)}{dt} &= 0
\end{align}\]
In dieser Gleichung gibt es zwei verschiedene von der Zeit abhängende Größen: die Stromstärke \(I(t)\) und die Ladung \(Q(t)\). Das ist für die weitere mathematische Herleitung ungünstig. Da die Stromstärke \(I(t)\) die Änderung der Ladung \(Q(t)\) ist, kann man \(I(t)\) ersetzen:
\[
I(t) = \frac{d Q(t)}{d t}\]
Wir suchen eine Formel für die Eigenfrequenz \(f_\text{E}\) des Schwingkreises. Uns interessiert also die Änderung der Situation im Schwingkreis. Aus der Mathematik wissen Sie, wie Sie ein Maß für die Änderung einer Größe bekommen: von der Größe wird die Ableitung gebildet. In der Physik schreibt man für die Ableitung nach der Zeit: \(\frac{d}{dt}\). Die Gleichung
\[
\frac{Q(t)}{C} + L \cdot \frac{d I(t)}{dt} = 0\]
wird einmal nach der Zeit \(t\) abgeleitet:
\[
\frac{ d \left( \frac{Q(t)}{C} + L \cdot \frac{d I(t)}{dt} \right) }{d t} = \frac {d 0}{d t}\]
Eine Summe wird abgeleitet, indem jeder Summand einzeln abgeleitet wird. Ein konstanter Faktor bleibt bei der Ableitung unverändert erhalten und die Ableitung von 0 ist 0. Also folgt:
\[
\frac{1}{C} \frac{d Q(t)}{d t} + L \cdot \frac{d^2 I(t)}{dt} = 0\]
- Die Ableitung der Ladung \(\frac{d Q(t)}{d t}\) beschreibt die Änderung der Ladung und ist damit die Stromstärke \(I(t)\): \(\frac{d Q(t)}{d t} = I(t)\).
- \(\frac{d^2 I(t)}{dt}\) ist die zweite Ableitung der Stromstärke \(I(t)\) und beschreibt die Änderung der Änderung der Stromstärke, also wie heftig sich die Stromstärke ändert.
Insgesamt folgt:
\[
\frac{1}{C} \cdot I(t) + L \cdot \frac{d^2 I(t)}{dt} = 0\]
Das ist eine Differenzialgleichung, welche die Stromstärke-Funktion \(I(t)\) und die zweite Ableitung der Stromstärke-Funktion \(\frac{d^2 I(t)}{dt}\) enthält. Wir suchen eine Funktion für \(I(t)\), welche diese Differenzialgleichung erfüllt: Wenn man die gesuchte Funktion und deren zweite Ableitung in die Gleichung einsetzt, soll die Summe der linken Seite Null sein.
Die gesuchte Funktion können wir nicht berechnen, also versuchen wir sie zu erraten. Aus dem Mathematik-Unterricht wissen Sie, dass die Sinus-Funktion bis auf das Vorzeichen mit ihrer zweiten Ableitung übereinstimmt: \((sin(x))'' = (cos(x))' = - sin(x)\).
Eine Funktion für \(I(t)\), welche die Differenzialgleichung löst, könnte also die folgende Form haben: \(I(t) = I_0 \cdot sin(\omega \cdot t)\), wobei \(\omega\) die Winkelgeschwindigkeit der Schwingung und \(f = \frac{\omega}{2 \pi}\) die Frequenz der Schwingung ist.
Das testen wir, indem wir diese Funktion und deren zweite Ableitung in die Differenzialgleichung einsetzen:
\[
\begin{align}
I(t) &= I_0 \cdot sin(\omega \cdot t) \\
\frac{d I(t)}{d t} &= \omega \cdot I_0 \cdot cos(\omega \cdot t) \\
\frac{d^2 I(t)}{d t} &= - \omega^2 \cdot I_0 \cdot sin(\omega \cdot t)
\end{align} \]
Wenn man die gefundenen Funktionen in die linke Seite der Differenzialgleichung einsetzt, sollte deren Summe Null sein!
\[
\frac{1}{C} \cdot I_0 \cdot sin(\omega \cdot t) - L \cdot \omega^2 \cdot I_0 \cdot sin(\omega \cdot t) \stackrel{!}{=} 0\]
Auf der linken Seite kann man die gemeinsamen Faktoren ausklammern:
\[
I_0 \cdot sin(\omega \cdot t) \cdot \left( \frac{1}{C} - L \cdot \omega^2 \right) \stackrel{!}{=} 0\]
Zu allen Zeitpunkten \(t\) ist diese Gleichung genau dann erfüllt, wenn der Ausdruck in der Klammer Null ist, also
\[
\frac{1}{C} - L \cdot \omega^2 = 0\]
Löst man diese Gleichung nach \(\omega\) auf, folgt:
\[
\begin{align}
\frac{1}{C} - L \cdot \omega^2 &= 0 \\
\frac{1}{C} &= L \cdot \omega^2\\
\omega^2 &= \frac{1}{L \cdot C} \\
\omega &= \sqrt{ \frac{1}{L \cdot C} } \\
\omega &= \frac{1}{\sqrt{ L \cdot C } } \\
\end{align} \]
Eine geeignete Funktion, welche die Differenzialgleichung löst, ist also:
\[
I(t) = I_0 \cdot sin(\omega \cdot t) = I_0 \cdot sin \left( \frac{1}{\sqrt{ L \cdot C } } \cdot t \right)\]
Da \(\omega = 2 \pi \cdot f\) ist, gilt:
\[
\begin{align}
\omega &= \frac{1}{\sqrt{ L \cdot C } } \\
2 \pi \cdot f &= \frac{1}{\sqrt{ L \cdot C } } \\
f &= \frac{1}{2 \pi \cdot \sqrt{ L \cdot C } }
\end{align} \]
Die angegebene Gleichung für die Eigenfrequenz \(f_\text{E}\) der Schwingung im Schwingkreis ist damit begründet hergeleitet worden.