Sichtbares Licht hat eine extrem kleine Wellenlänge. Die direkte Messung des Wegunterschieds bei einer Doppelspaltanordnung ist daher nur sehr schwer möglich. Wir suchen deswegen eine experimentelle Methode, um die extrem kleine Wellenlänge von Licht mit Hilfe leicht messbarer makroskopischer Messgrößen bestimmen zu können.
Wenn der Abstand zwischen einem Doppelspalt und dem Schirm sehr groß ist und gleichzeitig der Abstand der Öffnungen des Doppelspalts sehr klein ist, können die beiden Lichtwellenzüge, welche nach dem Huygenschen Prinzip von den Spaltöffnungen ausgesendet werden, in guter Näherung als parallel angesehen werden.
Die Näherung ist dabei um so besser, je weiter entfernt der Schirm vom Doppelspalt entfernt ist und je kleiner der Abstand zwischen den Spaltöffnungen ist.
Wenn die beiden Wellenzüge als parallel angesehen werden können, bildet der Wegunterschied \(\Delta s\) mit den anderen geometrischen Größen am Doppelspalt ein rechtwinkeliges Dreieck. Stark vergrößert kann man sich das dann wie folgt vorstellen:
Nochmal: In der Zeichnung treffen sich die beiden roten Lichtwellenzüge nicht, da sie parallel zueinander verlaufen. Eine Interferenz wäre so nicht möglich. Da aber der Abstand der beiden Lichtwellenzüge sehr gering ist und der Schirm sehr weit entfernt ist, kann man weit weg vom Schirm die Strahlen in guter Näherung als parallel annehmen. Diese Annahme ist nur eine Näherung, um die Situation leichter mathematisch modellieren zu können. Die realen Wellenzüge, welche interferieren, sind nicht parallel und treffen sich in einem Punkt.
Der Winkel \(\alpha\) zwischen einem Wellenzug und der Richtung zum Schirm ist auch in dem rechtwinkeligen Dreieck zu finden, das vom Abstand zwischen den Spaltöffnungen \(g\), dem Wegunterschied \(\Delta s\) und dem Lot auf den Lichtstrahl gebildet wird. Relativ zum Winkel \(\alpha\) ist \(g\) die Hypothenuse und der Wegunterschied \(\Delta s\) die Gegenkathete. Damit gilt:
\[
\sin(\alpha) = \frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Hypothenuse}} = \frac{\Delta s}{g}\]
Für den Wegunterschied \(\Delta s\) gilt dann:
\[
\Delta s = g \cdot \sin(\alpha)\]
Den Abstand zwischen den Spaltöffnungen kann man direkt messen oder aus den technischen Daten zum Doppelspalt ablesen. Der Winkel \(\alpha\) muss noch ermittelt werden. Dafür betrachtet man ein zweites rechtwinkeliges Dreieck. In diesem Dreieck bilden die Entfernung \(e\) zwischen Doppelspalt und Schirm die Ankathete und der Abstand \(a\) zwischen dem 0. Maximum und dem 1. Maximum die Gegenkathete zum Winkel \(\alpha\):
Damit kann man den Winkel \(\alpha\) aus den leicht messbaren Größen Abstand \(e\) zwischen Doppelspalt und Schirm und Abstand \(a\) zwischen 0. Maximum und 1. Maximum berechnen:
\[
\tan(\alpha) = \frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Ankathete}} = \frac{a_n}{e} \Leftrightarrow \alpha = \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right)\]
Den Ausdruck \(\alpha = \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right)\) für den Winkel \(\alpha\) kann man in die Formel für den Gangunterschied einsetzen, so dass insgesamt folgt:
\[
\begin{align}
\Delta s &= g \cdot \sin(\alpha) \\
\Delta s &= g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right) \right)
\end{align}\]
Mit den Interferenzregeln kann man eine Formel zur Bestimmung der Wellenlänge des verwendeten Lichts formulieren:
Für konstruktive Interferenz am n. Maximum gilt für den Wegunterschied \(\Delta s\) zwischen den kohärenten Wellenzügen: \(\Delta s = n \cdot \lambda\), also:
\[
n \cdot \lambda = g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right) \right)\]
Für destruktive Interferenz am n-ten Minimum gilt für den Wegunterschied \(\Delta s\) zwischen den kohärenten Wellenzügen: \(\Delta s = (2 \cdot n + 1) \cdot \frac{\lambda}{2}\), also:
\[
(2 \cdot n + 1) \cdot \frac{\lambda}{2} = g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right) \right)\]
Um die Wellenlänge \(\lambda\) zu bestimmen, werden in einem Experiment folgende Größen gemessen:
- der Abstand \(g\) zwischen den Spaltöffnungen
- der Abstand \(e\) zwischen dem Doppelspalt und dem Schirm
- der Abstand \(a\) zwischen dem 0. und dem 1. Maximum, in diesem Fall ist n = 1
Für die Wellenlänge \(\lambda\) des verwendeten Lichts gilt dann:
\[
\lambda = g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a}{e} \right) \right)\]
Im Experiment mit sichtbarem Licht, müssen Sie sich in der folgenden Zeichnung den Abstand zwischen den Spaltöffnungen sehr klein und den Abstand zwischen Doppelspalt und Schirm sehr groß denken.