3.11 Interferenz am Doppelspalt


Bezug zum Kerncurriculum:

  • Ich kann Interferenzphänomene für folgende „Zwei-Wege-Situationen“ beschreiben und deuten: Doppelspalt.
  • Ich kann die Zeigerdarstellung oder eine andere geeignete Darstellung zur Beschreibung und Deutung verwenden.
  • Ich kann die Gleichung für die Interferenz am Doppelspalt vorstrukturiert (gA) / selbstständig (eA) und begründet herleiten.

Wir betrachten zwei Wellensender, die mit gleicher Frequenz, gleicher Amplitude und einer festen Phasenbeziehung schwingen. Die ausgesandten Wellenzüge breiten sich im gesamten Raum aus und ihre Amplitude wird mit zunehmendem Abstand zum Sender kleiner. Für jeden Punkt im Raum beobachtet man abhängig von der Entfernung zu den Wellensendern eine andere Interferenz.

Die Interferenz der von zwei solchen Wellensendern ausgesandten Wellenzüge wird in der folgenden Simulation modelliert.

In einem neuen Fenster starten: Interferenzfeld zweier Sender

Um sinnvoll reale Experimente mit einer Anordnung von zwei Wellensendern durchführen zu können, muss man den Abstand der Sender zueinander und den Abstand zum Detektor (Schirm, Mikrofon,...) geeignet in Abhängigkeit von der Frequenz, Amplitude und Phasengeschwindigkeit der Welle wählen.

Die Sender des Lichts, das uns von der Sonne kommend erreicht, sind 150 Millionen Kilometer von uns entfernt. Interferenzüberlegungen bei einer solchen Entfernung anzustellen, wäre sehr mühsam. Im Jahr 1678 wurde ein Prinzip von Christiaan Huygens vorgeschlagen, mit welchem man Interferenzüberlegungen unabhängig von den Wellensendern anstellen konnte: das Huygenssche Prinzip.

Eine Welle entsteht, wenn ein oder mehrere Oszillatoren in Schwingung versetzt werden und mit benachbarten Oszillatoren gekoppelt sind. Aufgrund der Kopplung wird die Schwingungsenergie an die Nachbarn übertragen, welche dann ebenfalls in Schwingung versetzt werden und ihre eigenen Nachbaroszillatoren mit Schwingungsenergie versorgen. Ein einzelner Oszillator weiß nicht, dass er Bestandteil einer Welle ist oder welche Richtung die Welle haben soll. Jeder Oszillator schwingt einfach so vor sich hin und wechselwirkt aufgrund der Kopplung mit seinen Nachbarn.

Huygens Idee war es, jeden Punkt einer Welle als Ausgangspunkt einer neuen Welle anzusehen. Die von einem Punkt ausgehende Welle wird Elementarwelle genannt.

Damit die Konstruktion einer Welle auf der Grundlage des Huygenschen Prinzips gelingt, gruppiert man Oszillatoren nach ihrer Phase und betrachtet dann die Gruppe der gleichphasigen Oszillatoren und die Elementarwellen, welche sie während eines kleinen Zeitintervalls aussenden. Die Einhüllende aller Elementarwellen ergibt dann die neue Wellenfront der Welle, also die Oszillatoren, welche in gleicher Phase schwingen.

Die Idee des Huygenschen Prinzips und die Anwendung auf Reflexion und Brechnung können Sie auf Leifi-Physik animiert nachvollziehen: Das Huygensche Prinzip auf Leifi-Physik.

Wellenzüge, die von Lichtquellen wie einer Halogenlampe oder LEDs ausgesendet wird, bestehen aus Wellenzügen mit unterschiedlicher Frequenz, Amplitude und auch Wellenzüge mit gleicher Frequenz haben keine feste Phasenbeziehung, da sie nicht in regelmäßigen Zeitabständen ausgesendet werden. Auch bei Experimenten mit Schallquellen wie einem Lautsprecher kann man nur schwer Wellenzüge erzeugen, die geeignet wären, gezielt Maxima oder Minima zu erzeugen. Man beobachtet vielmehr zumeist mittlere Intensitäten (mit einem Frequenzgenerator, der einen Sinuston mit einer Frequenz erzeugen kann, ist es möglich geeignete Wellenzüge zu erzeugen).

Um Interferenzexperimente, z.B. zur Bestimmung einer unbekannten Wellenlänge durchzuführen, muss eine Situation geschaffen werden, in welcher Maxima und Minima beobachtet werden können. Thomas Young beschreibt 1803 eine experimentelle Methode, wie er mit Sonnenlicht Interferenzphänomene beobachten konnte:

"I made a small hole in a window-shutter, and covered it with a piece of thick paper, which I perforated with a fine needle. For greater convenience of observation, I placed a small looking glass without the window-shutter, in such a position as to reflect the sun’s light, in a direction nearly horizontal, upon the opposite wall, and to cause the cone of diverging light to pass over a table, on which were several little screens of card-paper."

Quelle: The Royal Society Publishing, The Bakerian Lecture, S. 2, 01.01.1804

Der experimentelle Trick von Young war zum einen ein kleines Loch im Fensterladen, durch welche das Sonnenlicht in den Raum fiel und zum anderen ein Doppelspalt mit zwei kleinen Öffnungen, durch welche das Licht auf den Schirm fiel. Auf dem Schirm konnte dann ein Interferenzbild mit helleren und dunkleren Bereichen beobachtet werden. Das Interferenzbild war nicht so scharf wie bei Laserlicht, aber die Helligkeitsunterschiede konnten gesehen werden. Warum funktioniert der experimentelle Ansatz von Thomas Young?

Die Sonne ist eine ausgedehnte Lichtquelle und die unzähligen Atome, welche das Sonnenlicht aussenden, senden zufällig und unabhängig voneinander Licht aus. Die Teilwellen addieren sich zu einer Gesamtamplitude und einer Gesamtphase an einem bestimmten Punkt. Da das Sonnenlicht nicht kohärent ist (die Wellenzüge haben unterschiedliche Frequenzen, Amplituden und Phasen), wird die Gesamtphase und die Gesamtamplitude an einem Punkt statistisch schwanken.

Je weniger Wellenzüge auf einen Punkt treffen, desto geringer wird die statistische Schwankung ausfallen. Wenn man also einen sehr dünnen Lichtstrahl auf eine Öffnung fallen lässt, dann reduziert man die statistische Schwankung der resultierenden Welle. Anstatt zwei Wellensender zu verwenden, lässt man Licht oder Schall einer Quelle (Lampe, Lautsprecher) durch kleine Öffnungen laufen.

Wenn der gleiche dünne Lichtstrahl auf zwei dünne Öffnungen eines Doppelspalts fällt, kann man bei beiden Öffnungen etwa gleiche statistische Schwankungen der Frequenzen, Amplituden und Phasen beobachten. Wenn man jetzt jede Öffnung des Doppelspalts als Ausgangspunkt einer Elementarwelle betrachtet, dann ist die Phasenbeziehung zwischen diesen Elementarwellen zwar schwankend, die Phasendifferenz aber in gewisser Näherung konstant. Mit einem Doppelspalt, den man als Ausgangspunkt von zwei Elementarwellen betrachtet, kann man eine vergleichbare Situation schaffen, wie bei zwei synchron schwingenden Wellensendern.

Die kleine Öffnung, mit welcher das Sonnenlicht oder die Schallwellen eines Lautsprechers auf einen dünnen Strahl begrenzt werden, nennt man einen Kohärenzspalt. Die notwendige Größe des Kohärenzspalts, damit man Maxima und Minima beobachten kann, ist abhängig von der Quelle.

Eine Beispielrechnung zu diesen Überlegungen finden Sie auf folgender Internetseite: KIT: Physik-Schülerlabor-Initiative, das historische Doppelspaltexperiment.

Wellenzüge können mit Hilfe von Kohärenzspalten hinreichend kohärent (gleiche Frequenz, Amplitude, feste Phasenbeziehung) gemacht werden, so dass Interferenzphänomene wie Maxima und Minima beobachtet werden können. Wenn solche Wellenzüge mit zwei Spalten eines Doppelspalts aufgeteilt werden, lassen sich die Regeln für Interferenz auf den Bereich hinter dem Doppelspalt anwenden.

Um die Interferenz zu modellieren, fassen wird die beiden Öffnungen des Doppelspalts als Ausgangspunkt für zwei Elementarwellen auf.

Wenn der Wegunterschied \(\Delta s\) zu einem bestimmten Punkt zwischen den beiden kohärenten Wellenzügen ein Vielfaches \(n\) der Wellenlänge \(\lambda\) ist, dann beobachtet man an diesem Punkt ein Maximum (konstruktive Interferenz). Es gilt dann:

\[ \Delta s = n \cdot \lambda\]

Wenn der Wegunterschied \(\Delta s\) zu einem bestimmten Punkt zwischen den beiden kohärenten Wellenzügen ein ungeradzahliges Vielfaches der halben Wellenlänge \(\lambda\) ist, dann beobachtet man an diesem Punkt ein Minimum (destruktive Interferenz). Es gilt dann:

\[ \Delta s = (2 \cdot n + 1) \cdot \frac{\lambda}{2}\]

für n = 0, 1, 2, ...

  • Die Schallquelle wird durch eine Anordnung von zwei Spalten geschickt. Der Abstand der beiden Spaltöffnungen wird so gewählt, dass im Raum hinter den Spalten mit einem Mikrofon Maxima und Minima registriert werden können.

  • Man sucht mit dem Mikrofon das 0. Maximum in der Mitte zwischen den Öffnungen des Doppelspalts.

  • Nachdem man das 0. Maximum gefunden hat, sucht man mit dem Mikrofon das 1. Maximum, das neben dem 0. Maximum liegt. Den Ort des 1. Maximums markiert man mit einer geeigneten Methode.

  • Man misst den Abstand \(s_1\) zwischen Spalt 1 und dem 1. Maximum. Man misst den Abstand \(s_2\) zwischen Spalt 2 und dem 1. Maximum.

  • Die Differenz der beiden Abstände ist der Wegunterschied \(\Delta s\) und dieser entspricht genau der Länge einer Wellenlänge \(\lambda\):

\[ \Delta s = s_2 - s_1 = \lambda\]

Sichtbares Licht hat eine extrem kleine Wellenlänge. Die direkte Messung des Wegunterschieds bei einer Doppelspaltanordnung ist daher nur sehr schwer möglich. Wir suchen deswegen eine experimentelle Methode, um die extrem kleine Wellenlänge von Licht mit Hilfe leicht messbarer makroskopischer Messgrößen bestimmen zu können.

Wenn der Abstand zwischen einem Doppelspalt und dem Schirm sehr groß ist und gleichzeitig der Abstand der Öffnungen des Doppelspalts sehr klein ist, können die beiden Lichtwellenzüge, welche nach dem Huygenschen Prinzip von den Spaltöffnungen ausgesendet werden, in guter Näherung als parallel angesehen werden.

Die Näherung ist dabei um so besser, je weiter entfernt der Schirm vom Doppelspalt entfernt ist und je kleiner der Abstand zwischen den Spaltöffnungen ist.

Wenn die beiden Wellenzüge als parallel angesehen werden können, bildet der Wegunterschied \(\Delta s\) mit den anderen geometrischen Größen am Doppelspalt ein rechtwinkeliges Dreieck. Stark vergrößert kann man sich das dann wie folgt vorstellen:

Nochmal: In der Zeichnung treffen sich die beiden roten Lichtwellenzüge nicht, da sie parallel zueinander verlaufen. Eine Interferenz wäre so nicht möglich. Da aber der Abstand der beiden Lichtwellenzüge sehr gering ist und der Schirm sehr weit entfernt ist, kann man weit weg vom Schirm die Strahlen in guter Näherung als parallel annehmen. Diese Annahme ist nur eine Näherung, um die Situation leichter mathematisch modellieren zu können. Die realen Wellenzüge, welche interferieren, sind nicht parallel und treffen sich in einem Punkt.

Der Winkel \(\alpha\) zwischen einem Wellenzug und der Richtung zum Schirm ist auch in dem rechtwinkeligen Dreieck zu finden, das vom Abstand zwischen den Spaltöffnungen \(g\), dem Wegunterschied \(\Delta s\) und dem Lot auf den Lichtstrahl gebildet wird. Relativ zum Winkel \(\alpha\) ist \(g\) die Hypothenuse und der Wegunterschied \(\Delta s\) die Gegenkathete. Damit gilt:

\[ \sin(\alpha) = \frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Hypothenuse}} = \frac{\Delta s}{g}\]

Für den Wegunterschied \(\Delta s\) gilt dann:

\[ \Delta s = g \cdot \sin(\alpha)\]

Den Abstand zwischen den Spaltöffnungen kann man direkt messen oder aus den technischen Daten zum Doppelspalt ablesen. Der Winkel \(\alpha\) muss noch ermittelt werden. Dafür betrachtet man ein zweites rechtwinkeliges Dreieck. In diesem Dreieck bilden die Entfernung \(e\) zwischen Doppelspalt und Schirm die Ankathete und der Abstand \(a\) zwischen dem 0. Maximum und dem 1. Maximum die Gegenkathete zum Winkel \(\alpha\):

Damit kann man den Winkel \(\alpha\) aus den leicht messbaren Größen Abstand \(e\) zwischen Doppelspalt und Schirm und Abstand \(a\) zwischen 0. Maximum und 1. Maximum berechnen:

\[ \tan(\alpha) = \frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Ankathete}} = \frac{a_n}{e} \Leftrightarrow \alpha = \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right)\]

Den Ausdruck \(\alpha = \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right)\) für den Winkel \(\alpha\) kann man in die Formel für den Gangunterschied einsetzen, so dass insgesamt folgt:

\[ \begin{align} \Delta s &= g \cdot \sin(\alpha) \\ \Delta s &= g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right) \right) \end{align}\]

Mit den Interferenzregeln kann man eine Formel zur Bestimmung der Wellenlänge des verwendeten Lichts formulieren:

Für konstruktive Interferenz am n. Maximum gilt für den Wegunterschied \(\Delta s\) zwischen den kohärenten Wellenzügen: \(\Delta s = n \cdot \lambda\), also:

\[ n \cdot \lambda = g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right) \right)\]

Für destruktive Interferenz am n-ten Minimum gilt für den Wegunterschied \(\Delta s\) zwischen den kohärenten Wellenzügen: \(\Delta s = (2 \cdot n + 1) \cdot \frac{\lambda}{2}\), also:

\[ (2 \cdot n + 1) \cdot \frac{\lambda}{2} = g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a_n}{e} \right) \right)\]

Um die Wellenlänge \(\lambda\) zu bestimmen, werden in einem Experiment folgende Größen gemessen:

  • der Abstand \(g\) zwischen den Spaltöffnungen
  • der Abstand \(e\) zwischen dem Doppelspalt und dem Schirm
  • der Abstand \(a\) zwischen dem 0. und dem 1. Maximum, in diesem Fall ist n = 1

Für die Wellenlänge \(\lambda\) des verwendeten Lichts gilt dann:

\[ \lambda = g \cdot \sin \left( \arctan \left( \frac{a}{e} \right) \right)\]

Im Experiment mit sichtbarem Licht, müssen Sie sich in der folgenden Zeichnung den Abstand zwischen den Spaltöffnungen sehr klein und den Abstand zwischen Doppelspalt und Schirm sehr groß denken.