Wie Sie aus dem Mathematikunterricht wissen, ist der Arcussinus nur für Argumente zwischen -1 und 1 definiert, da der Sinus eines Winkels nur Werte zwischen -1 und 1 liefert. Aus der hergleiteten Formel \(\alpha = arcsin \left( \frac{n \cdot \lambda}{2 \cdot d} \right)\) folgt, dass nur dann unter einem Winkel \(\alpha\) Interferenz beobachtet werden kann, wenn der Quotient \(\frac{n \cdot \lambda}{2 \cdot d}\) einen Wert zwischen -1 und 1 annimmt.
Da die Parameter \(n\), \(\lambda\), und \(d\) im physikalischen Zusammenhang immer positiv sind, kann der Quotient \(\frac{n \cdot \lambda}{2 \cdot d}\) nur positive Werte annehmen. Wir können in unserer Betrachtung die negativen Werte also weglassen. Damit der \(arcsin \left( \frac{n \cdot \lambda}{2 \cdot d} \right)\) definiert ist, muss also gelten, dass:
\[
0 \leq \frac{n \cdot \lambda}{2 \cdot d} \leq 1\]
Löst man diese Ungleichung nach \(\lambda\) auf, folgt:
\[
0 \leq \lambda \leq \frac{2 \cdot d}{n}\]
Man kann nur dann ein 1. Maximum mit \(n = 1\) beobachten, wenn die Wellenlänge \(\lambda\) kleiner als \(2 \cdot d\) ist. Für Maxima höherer Ordnung muss die Wellenlänge noch kleiner werden, da der Nenner mit größerem \(n\) größer und damit der Bruch kleiner wird.
Mikrowellen haben eine Wellenlänge im Zentimeterbereich. Man könnte also ein Hindernis entwerfen, dessen Metallstangen wenige Zentimeter entfernt voneinander stehen, um ein 1. Maximum beobachten zu können.
Röntgenstrahlen haben eine Wellenlänge im Pikometerbereich (\(10^{-12}\)). Diese Wellenlänge ist so kurz, dass man ein 1. Maximum klar messen kann, wenn das Hindernis Reflexionsorte in extrem kurzem Abstand hat. Das ist z.B. bei Kristallen der Fall, wenn man die Atome als Hindernis verwendet. Die Atome können die elektromagnetischen Wellen wie kleine Antennen aufnehmen, beginnen dann zu schwingen und senden wieder wie ein kleiner Sender elektromagnetische Wellen aus.
Mit Hilfe der Bragg-Reflektion kann man:
- die Wellenlänge \(\lambda\) unbekannter Röntgenstrahlung ermitteln, wenn man den Gitterabstand \(d\) in einem Kristall kennt:
\[
\lambda = 2 \cdot d \cdot sin(\alpha)\]
- den Gitterabstand \(d\) eines unbekannten Kristalls ermitteln, wenn man die Wellenlänge \(\lambda\) der verwendeten Röntgenstrahlung kennt:
\[
d = \frac{\lambda}{2 \cdot sin(\alpha)}\]
und jeweils das 1. Maximum der reflektierten Wellenzüge misst.
Bisher haben wir bei der Betrachtung der Bragg-Reflexion zwei Wellenzüge betrachtet, die miteinander interferieren. Die resultierenden Interferenzbilder ähneln denen eines Doppelspalts, bei dem relativ breite Maxima entstehen:
Zum Vergleich folgt das Interferenzbild eines Doppelspalt mit Licht:
Bei der Bragg-Reflexion an einem Einkristall (ein idealer Kristall mit einer perfekten Anordnung der Atome) werden sehr viele Wellenzüge reflektiert und interferieren miteinander. Das Interferenzbild verändert sich dann so, wie Sie es im Kapitel "Vom Doppelspalt zum Gitter" gelernt haben.
Interferenzbild von sichtbarem Licht bei einem Gitter mit 100 Spaltöffnungen:
Die Maxima sind scharf und zwischen den Maxima misst man praktisch keine Intensität, da die Wellenzüge destruktiv interferieren.
Anwendung: Erzeugung monochromatischer Röntgenstrahlung
Wenn man polychromatisches Röntgenlicht (Röntgenlicht mit sehr vielen unterschiedlichen Frequenzen) an einem Kristall reflektiert, dann sind die beobachteten Maxima scharf. Die Folge ist, dass für hinreichend kleine Glanzwinkel nur das Maximum genau einer Wellenlänge beobachtet wird. Wenn man das Licht dann geeignet weiterleitet, hat man Röntgenlicht mit nur genau einer Wellenlänge zur Verfügung. Damit hat man monochromatisches Röntgenlicht erzeugt.
Bei größeren Winkeln kann es sein, dass Maxima höherer Ordnung beobachtet werden können, die dann die Maxima anderer Wellenlängen überlagern. Daher sollte der Glanzwinkel nicht zu groß gewählt werden.