4.2 Lichtquanten


Bezug zum Kerncurriculum:
Ich kann den äußeren lichtelektrischen Effekt beschreiben.


Licht ist eine elektromagnetische Welle. In einem Körper, der Licht aussendet (z.B. ein Glühdraht) werden Elektronen extrem beschleunigt. Bei diesen Beschleunigungsvorgängen verändern die Elektronen das elektrische und magnetische Feld in ihrer Umgebung. Das elektromagnetische Wechselfeld erzeugt in der Umgebung weitere elektrische und magnetische Felder, so dass sich die oszillierenden elektrischen und magnetischen Felder in alle Raumrichtungen ausbreiten. Trifft ein solches elektromagnetisches Wechselfeld unsere Netzhaut im Auge und hat das elektromagnetische Wechselfeld eine geeignete Frequenz, werden die Elektronen in den Nervenzellen der Netzhaut beschleunigt. Die beschleunigten Elektronen werden im Gehirn als elektrischer Impuls wahrgenommen und das Gehirn interpretiert die elektrischen Impulse so, dass unser Bewusstsein ein Bild unserer Umgebung wahrnimmt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts forschten viele Physiker*innen mit elektromagnetischen Wellen. Heinrich Hertz führte 1887 erstmals Versuche durch, bei denen er Metallplatten elektrisch positiv oder negativ auflud und mit Licht bestrahlte. Diese Versuche wurden in den folgenden Jahren von anderen nachgebaut und systematisch wiederholt.

Wenn bei diesen Versuchen Licht als eine elektromagnetische Welle auf eine Metallplatte fällt, trifft die elektromagnetische Welle auf Elektronen und beschleunigt diese. Ein Elektron wird von den positiv geladenen Protonen der Metallplatte angezogen. Wenn die elektromagnetische Welle einem Elektron hinreichend viel Energie übertragen hat, ist es so schnell, dass es gegen die Anziehung der Protonen die Platte verlassen kann. Man erwartet also folgendes:

  • Wenn die Metallplatte elektrisch neutral ist, gibt es genauso viele negative wie positive Ladungen auf der Metallplatte. Wenn auf die neutrale Metallplatte Licht fällt, werden Elektronen so stark beschleunigt, dass sie die Platte verlassen können. Sobald Elektronen die Platte verlassen haben, wird die Metallplatte leicht positiv geladen. Ein einzelnes herausgelöstes Elektron wird von der positiven Ladung der überzähligen Protonen angezogen und fällt zurück auf die Platte. Wenn die Lichtintensität erhöht wird und pro Sekunde noch viel mehr Elektronen aus der Platte gelöst werden, wird die Platte noch positiver und die anziehende Kraft auf die ausgelösten Elektronen wird entsprechend größer, so dass sie nach kurzer Zeit wieder von der Metallplatte aufgenommen werden. Die Metallplatte bleibt im zeitlichen Mittel neutral.

  • Wenn die Metallplatte elektrisch positiv geladen ist, gibt es mehr positive als negative Ladungen auf der Metallplatte. Wenn auf die positiv geladene Metallplatte Licht fällt, werden einzelne Elektronen so stark beschleunigt, dass sie die Platte verlassen können. Die herausgelösten Elektronen verstärken die positive Ladung der geladenen Metallplatte und die herausgelösten Elektronen werden nach kurzer Zeit von der Metallplatte wieder aufgenommen. Da keine zusätzlichen Elektronen auf die Platte kommen bleibt die Platte im zeitlichen Mittel positiv geladen.

  • Wenn die Metallplatte elektrisch negativ geladen ist, gibt es mehr negative als positive Ladungen auf der Metallplatte. Wenn auf die negativ geladene Metallplatte Licht fällt, werden einzelne Elektronen so stark beschleunigt, dass sie die Platte verlassen können. Sobald ein Elektron die Platte verlassen hat, wird das Elektron von der etwas weniger negativ geladenen, aber immer noch elektrisch negativ geladenen Platte, abgestoßen und fliegt von der Platte weg. In der Umgebung werden die Elektronen von Luftmolekülen aufgenommen. Die Platte verliert im Lauf der Zeit Elektronen und die negative Aufladung der Platte wird geringer, bis die Platte irgendwann entladen ist.

Das gerade beschriebene Verhalten können Sie in der folgenden Simulation nachvollziehen.

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Das beobachtete Verhalten passt zur Erwartung!

Im zweiten Experiment wird das Verhalten einer negativ geladenen Kupfer-Platte simuliert, die mit Licht unterschiedlicher Wellenlängen beleuchtet wird.

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Wenn eine Glasplatte im Lichtweg ist, entlädt sich die Kupfer-Platte nicht. Auch wenn die Lichtintensität erhöht und die Kupfer-Platte beliebig lange beleuchtet wird, beobachtet man keine Entladung der negativ geladenen Kupfer-Platte.

Modellierung der Situation mit dem klassischen Modell:

  • Licht ist eine elektromagnetische Welle, die aus pulsierenden elektrischen und magnetischen Felder besteht. Die elektrischen und magnetischen Felder üben fortlaufend eine Kraft auf ein Elektron aus, sobald das Licht ein Elektron erreicht.
  • Das Elektron wird aufgrund der wirkenden elektrischen und magnetischen Kräfte beschleunigt. Auch während es beschleunigt wird, kann es fortlaufend weiter kinetische Energie gewinnen, da es ständig vom eingestrahlten elektromagentischen Wechselfeld des Lichts Energie aufnehmen kann.
  • Wenn man die Intensität des eingestrahlten Lichts erhöht, müsste sich die negativ geladene Metallplatte unabhängig von der Wellenlänge des eingestrahlten Lichts in relativ kurzer Zeit entladen.

Die Beobachtung, dass sich die negativ geladene Kupfer-Platte nicht entlädt, obwohl sie von Licht hoher Intensität beleuchtet wird, passt nicht zum Modell, dass Licht eine elektromagnetische Welle ist. Das reale Experiment zeigt, dass die Zinkplatte zwar warm wird, aber keine Entladung stattfindet.

Eine Glasplatte lässt nur bestimmte Wellenlängen passieren. Kurzwelliges ultraviolettes Licht wird von einer Glasplatte absorbiert (aufgenommen) und kann die Glasplatte nicht passieren. Je kürzer die Wellenlänge von Licht ist, desto energiereicher ist es. Vielleicht ist es so, dass nur Licht ab einer bestimmten Wellenlänge Elektronen aus der Metallplatte herauslösen kann.

Im dritten Experiment werden Metallplatten aus unterschiedlichem Material mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge bestrahlt.

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Eine der ersten Veröffentlichungen zu diesen experimentellen Beobachtungen stammt von dem deutschen Physiker Philipp Lenard, der 1902 den Aufsatz: "Ueber die lichtelektrische Wirkung" veröffentlicht hat und darin darlegte, dass eine negativ geladene Metallplatte nur mit Licht bestimmter Wellenlänge entladen werden kann. Dieses Phänomen wird heute als "Photoeffekt" bezeichnet. 1905 veröffentlichte Albert Einstein in dem Aufsatz "Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt" (Annalen der Physik 17, S. 132-148 (1905)) ein Lichtmodell, mit welchem dieses Phänomen geeignet modelliert werden kann. Für diesen Aufsatz bekam Einstein 1921 den Nobelpreis verliehen.

Es folgen Auszüge aus dem Aufsatz von Albert Einstein von 1905:

"Die übliche Auffassung, dass die Energie des Lichtes kontinuierlich über den durchstrahlten Raum verteilt sei, findet bei dem Versuch, die lichtelektrischen Erscheinungen zu erklären, besonders große Schwierigkeiten [...]. Es scheint mir nun in der Tat, daß die Beobachtungen [...] besser verständlich erscheinen unter der Annahme, dass die Energie des Lichtes diskontinuierlich im Raume verteilt sei. Nach der hier ins Auge zu fassenden Annahme ist bei Ausbreitung eines von einem Punkte ausgehenden Lichtstrahles die Energie nicht kontinuierlich auf größer und größer werdende Räume verteilt, sondern es besteht dieselbe aus einer endlichen Zahl von in Raumpunkten lokalisierten Energiequanten, welche sich bewegen, ohne sich zu teilen und nur als Ganze absorbiert und erzeugt werden können[...]. Monochromatische Strahlung [...] verhält sich [...] so, wie wenn sie aus voneinander unabhängigen Energiequanten von der Größe \(h \cdot f\) bestünde. [...] Wenn jedes Energiequant des erregenden Lichtes unabhängig von allen übrigen seine Energie an Elektronen abgibt, so wird die Geschwindigkeitsverteilung der Elektronen [...] von der Intensität des erregenden Lichtes unabhängig sein; andererseits wird die Anzahl der den Körper verlassenden Elektronen der Intensität des erregenden Lichtes unter sonst gleichen Umständen proportional sein."

Hier passiert etwas in diesem Physik-Kurs, was man als dramatisch bezeichnen muss. Ist das, was Ihnen im letzten Thema beigebracht wurde, etwa nicht richtig? Ist Licht vielleicht doch nicht eine elektromagnetische Welle? Albert Einstein behauptete jedenfalls, dass Licht aus "in Raumpunkten lokalisierten Energiequanten" besteht.

Albert Einstein erklärt in seinem Aufsatz den Photoeffekt weiter:

"In die oberflächliche Schicht des Körpers dringen Energiequanten ein, und deren Energie verwandelt sich wenigstens zum Teil in kinetische Energie der Elektronen. Die einfachste Vorstellung ist die, daß ein Lichtquant seine ganze Energie [ \(E = h \cdot f\) ] an ein einziges Elektron abgibt. [...] Ein im Innern des Körpers mit kinetischer Energie versehenes Elektron wird, wenn es die Oberfläche erreicht hat, einen Teil seiner kinetischen Energie eingebüßt haben. Außerdem wird anzunehmen sein, daß jedes Elektron beim Verlassen des Körpers eine (für den Körper charakteristische) Arbeit \(W_0\) zu leisten hat, wenn es den Körper verläßt. Mit der größten Normalgeschwindigkeit werden die unmittelbar an der Oberfläche normal zu dieser erregten Elektronen den Körper verlassen. Die kinetische Energie solcher Elektronen ist \(E_\text{kin} = h \cdot f − W_0\)."

Das neue Lichtmodell: Licht besteht aus Lichtquanten, von denen jedes einzelne eine bestimmte Energieportion \(E\) transportiert. Ein Lichtquant von Licht einer bestimmten Wellenlänge \(\lambda\) transportiert die Energiemenge:

\[ E_\text{Lichtquant} = h \cdot f = h \cdot \frac{c}{\lambda}\]

mit \(E_\text{Lichtquant}\) = Energie eines Lichtquants, \(h\) = Planck-Konstante, \(f\) = Lichtfrequenz, \(\lambda\) = Lichtwellenlänge,

Als Albert Einstein seine allgemeine Relativitätstheorie vorstellte, blieb die physikalische Welt sehr skeptisch und sah die Theorie eher als nettes Gedankenexperiment an. Erst als 1919 das erste Mal die Abweichung von Licht im Gravitationsfeld der Sonne experimentell nachgewiesen werden konnte, wurde Einstein zum physikalischen Superstar.

Die Versuche zum Photoeffekt lieferten Hinweise darauf, dass Licht aus "in Raumpunkten lokalisierten Energiequanten" besteht. Ein experimenteller Beweis für diese Annahme war der Photoeffekt nicht. Findige Physiker haben heutzutage sogar Möglichkeiten gefunden, das Verhalten von Licht beim Photoeffekt mathematisch mit klassischen Modellen zu erklären. Der Photoeffekt wurde z.B. von Mandel und Wolf (Optical Coherence and Quantum Optics) oder Espinosa und Woodyard (A Classical Explanation of the Photoelectric Effect) rein klassisch modelliert.

Es fehlte noch das kritische Experiment, bei welchem die beobachteten Phänomene nicht mehr mit dem klassisches Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" erklärt werden können. Im Jahr 1922 führte Arthur Compton ein Experiment durch, das nur noch mit dem Modell "Licht besteht aus Energiequanten" erklärt werden konnte und bei dessen Erklärung das Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" scheiterte. Compton bekam 1927 für seine Leistung den Nobelpreis für Physik. Das Compton-Experiment wird in diesem Kapitel vorgestellt.

Compton beschäftigte sich mit der Frage, was geschieht, wenn Licht auf Materie trifft. Wir kennen folgende Phänomene:

  • Licht wird vom Körper absorbiert (aufgenommen) und erwärmt den Körper
  • der Körper emittiert (aussenden) bestimmtes Licht. Das emittierte Licht hängt von der Beschaffenheit des Körpers ab - deswegen sehen wir unsere Umwelt in vielen bunten Farben.

Beispiele:

  • Wenn ein blauer Pullover von weißem Licht bestrahlt wird, absorbiert der blaue Pullover alle Wellenlängen des Lichts, seine Temperatur steigt an. "Blaues" Licht wird vom Pullover wieder emittiert, so dass wir den Pullover als blauen Pullover sehen.
  • Ein Spiegel absorbiert das Licht und emittiert es nach dem Reflexionsgesetz wieder nahezu vollständig.
"Licht ist eine elektromagnetische Welle"

Licht wird im klassischen Modell als eine elektromagnetische Welle modelliert, die aus einem pulsierenden elektrischen und magnetischen Feld besteht. Die Frequenz \(f\) gibt an, wie oft pro Sekunde das elektrische Feld ein magnetisches Feld induziert und umgekehrt. Licht bewegt sich mit der Lichtgeschwindigkeit \(c\). Der Zusammenhang zwischen der Wellenlänge \(\lambda\) des Lichts und der Frequenz \(f\) ist \(c = \lambda \cdot f \) oder \(\lambda = \frac{c}{f}\).

Im folgenden denken wir uns ein einzelnes freies Elektron im Vakuum auf das Licht trifft. Vereinfachend denken wir uns nur einen Wellenzug der in nur eine Raumrichtung schwingt.

Absorption: Wenn die monochromatische elektromagnetische Welle (einfarbiges Licht) auf das ruhende freie Elektron trifft, wirkt auf das Elektron das zeitlich sinusförmige elektrische und magnetische Feld der transversalen Lichtwelle. Die elektrische Kraft und die magnetische Lorentzkraft beschleunigen das Elektron senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle, das deswegen eine harmonische Schwingung mit der gleichen Frequenz wie die ankommende Lichtwelle ausführt.

Emission: Das oszillierende Elektron wird durch das elektromagnetische Wechselfeld der ankommenden Lichtwelle ständig beschleunigt und sendet deswegen eine elektromagnetische Welle in alle Richtungen aus, mit Ausnahme der Richtung, in welche das Elektron schwingt. Die größte Intensität beobachtet man in der Richtung, die senkrecht zur Schwingungsebene des Elektrons steht und in der Höhe der Ruhelage des Elektrons ist. Da das Elektron in der genau gleichen Frequenz schwingt, wie die anregende Lichtwelle, hat die emittierte Lichtwelle die gleiche Frequenz und Wellenlänge, wie die ankommende Lichtwelle.

Modelliert man die Absorption und Emission von monochromatischem Licht durch ein Elektron mit dem Modell einer elektromagnetischen Welle, dann folgt:

  • das Elektron wird in eine Richtung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung beschleunigt,
  • im zeitlichen Mittel bleibt das Elektron an seiner Position,
  • die Wellenlängen des absorbierten und emittierten Lichts stimmen überein.

"Licht besteht aus Energiequanten"

Albert Einstein hat mit der wohl berühmtesten Formel der Physikgeschichte gezeigt, dass Masse und Energie äquivalent sind:

\[ E = m \cdot c^2\]

Wenn man Licht so modelliert, dass es aus Lichtquanten besteht, dann besitzt jedes Lichtquant eine bestimmte Energiemenge:

\[ E_\text{Lichtquant} = h \cdot f = h \cdot \frac{c}{\lambda}\]

Setzt man diese Formeln gleich, dann folgt

\[ \begin{align} m_\text{Lichtquant} \cdot c^2 &= h \cdot \frac{c}{\lambda} \\ m_\text{Lichtquant} &= \frac{h \cdot c}{c^2 \cdot \lambda} = \frac{h}{c \cdot \lambda} \end{align}\]

Jedem Lichtquant, das eine bestimmte Energiemenge transportiert, kann nach Einstein eine Masse \(m_\text{Lichtquant} = \frac{h}{c \cdot \lambda}\) zugeordnet werden. Jeder Körper, dem eine Masse zugeordnet werden kann, hat einen bestimmten Impuls \(p = m \cdot v\). Der Impuls eines Lichtquants, das sich mit der Lichtgeschwindigkeit \(c\) bewegt, ist dann:

\[ \begin{align} p_\text{Lichtquant} &= m_\text{Lichtquant} \cdot c \\ p_\text{Lichtquant} &= \frac{h}{c \cdot \lambda} \cdot c \\ p_\text{Lichtquant} &= \frac{h}{\lambda} \end{align}\]

Einem Lichtquant, das sich mit der Lichtgeschwindigkeit \(c\) bewegt, kann ein Impuls \(p_\text{Lichtquant} = \frac{h}{\lambda}\) zugeordnet werden.

Der Impuls ist eine "quantenhafte" Eigenschaft eines Lichtquants, denn jedes einzelne Lichtquant besitzt den Impuls \(p = \frac{h}{\lambda}\). Bei Licht einer bestimmten Wellenlänge kann der Impuls nicht in beliebigen Beträgen auftreten, sondern nur in Vielfachen von \(\frac{h}{\lambda}\). Es gilt

  • Je kleiner die Wellenlänge einer Lichtsorte ist, desto größer ist der Impuls eines Lichtquants dieser Lichtsorte
  • Je größer die Wellenlänge einer Lichtsorte ist, desto kleiner ist der Impuls eines Lichtquants dieser Lichtsorte

Bei Röntgenstrahlung ist der Impuls eines Lichtquants erheblich größer als z.B. bei sichtbarem Licht, da die Wellenlänge \(\lambda\) bei Röntgenlicht (\(10^{-10} - \, 10^{-12} \, \text{m}\)) erheblich kürzer als die von sichtbarem Licht (\(380 \cdot 10^{-9} - \, 780 \cdot 10^{-9} \, \text{m}\)) ist.

Modellierung der Absorption eines Lichtquants: Wenn ein Lichtquant auf ein freies Elektron trifft, absorbiert das freie Elektron die gesamte Energiemenge des Lichtquants. Das Lichtquant ist verschwunden und die Energiemenge des Lichtquants wurde in kinetische Energie des Elektrons umgewandelt. Dem Lichtquant wurde vor der Absorption ein Impuls zugeordnet. Da der Impulserhaltungssatz gilt (die Gesamtsumme aller Impulse in einem System ist konstant), hat sich durch die Absorption des Lichtquants nicht nur die Energie des Elektrons sondern auch der Impuls des Elektrons geändert.

Modellierung der Emission eines Lichtquants: Wenn ein Elektron Licht emittiert, dann sendet es eine bestimmte Energiemenge als Lichtquant aus. Durch die Emission eines Lichtquants hat das Elektron Energie verloren und der Impuls des Elektrons hat sich geändert.

Bei der Absorption und Emission eines Lichtquants durch ein Elektron müssen die Größen "Energie" und "Impuls" betrachtet werden. Für beide Größen gilt der Erhaltungssatz:

Die Gesamtenergie \(E_\text{ges}\) und der Gesamtimpuls \(p_\text{ges}\) in einem abgeschlossenen System ist konstant.

Energie- und Impulsbilanz bei der Absorption und Emission eines Lichtquants:

Das freie Elektron habe die Ruhemasse \(m_1\) und die Ruheenergie \(E_\text{e,1}\). Das ankommende Lichtquant habe die Energie \(E_\text{Lq,1} = h \cdot \frac{c}{\lambda_1}\). Nach der Absorption des ankommenden Lichtquants wird unmittelbar ein Lichtquant in einem zufälligen Winkel \(\alpha\) relativ zu seiner ursprünglichen Richtung emittiert. Da das emittierte Lichtquant seine Richtung geändert hat, muss das Elektron nach der Emission des Lichtquants einen Impuls haben, der größer als Null ist, da sonst der Impulserhaltungssatz verletzt wäre. Wenn der Impuls des Elektrons nach der Emission des Lichtquants größer als Null ist, muss es eine Geschwindigkeit haben, die größer ist als Null. Damit hat das Elektron nicht mehr alle Energie an das emittierte Lichtquant abgegeben. Die Energie des emittierten Lichtquants ist daher kleiner als die des absorbierten Lichtquants.

Für die Energiebilanz nach der Lichtquantenemission gilt:

\[ E_\text{e,1} + E_\text{Lq,1} = E_\text{e,2} + E_\text{Lq,2}\]

Da \(E_\text{e,2} > E_\text{e,1}\) folgt daraus, dass \(E_\text{Lq,2} < E_\text{Lq,1}\). Das emittierte Lichtquant hat eine geringere Energie als das absorbierte Lichtquant. Es gilt also

\[ E_\text{Lq,2} = h \cdot \frac{c}{\lambda_2} < h \cdot \frac{c}{\lambda_1} = E_\text{Lq,1}\]

Da die Planck-Konstante \(h\) und die Lichtgeschwindigkeit \(c\) unveränderlich sind, kann sich nur die Wellenlänge \(\lambda\) ändern. Es gilt also

\[ \begin{align} h \cdot \frac{c}{\lambda_2} &< h \cdot \frac{c}{\lambda_1} \\\\ \frac{1}{\lambda_2} &< \frac{1}{\lambda_1} \\\\ \lambda_1 &< \lambda_2 \end{align}\]

Damit der Energieerhaltungssatz und der Impulserhaltungssatz nicht verletzt wird, muss das emittierte Lichtquant eine größere Wellenlänge als das absorbierte Lichtquant haben, wenn die Modellierung von Licht mit dem Lichtquantenmodell zutrifft. Damit hat man ein kritisches Experiment gefunden, mit welchem getestet werden kann, ob das Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" oder das Modell "Licht besteht aus Energiequanten" zutrifft:

  • Wenn in einem Realexperiment, bei dem monochromatisches Licht an Elektronen gestreut wird, neben der ursprünglichen Wellenlänge \(\lambda_1\) eine größere Wellenlänge \(\lambda_2\) beobachtet wird, dann kann das nur mit dem Modell "Licht besteht aus Energiequanten" modelliert werden.
  • Wenn das Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" das Verhalten von Licht richtig modelliert, dann dürfte bei einem Streuungsexperiment von monochromatischem Licht an Elektronen nur eine einzige Wellenlänge beobachtet werden.

Im Jahr 1922 bestrahlte Arthur Compton einen Körper mit monochromatischer Röntgenstrahlung einer Wellenlänge \(\lambda_1\). Als er die von dem Körper ausgesandte Wellenlänge \(\lambda_2\) maß, fand er Licht mit einer Wellenlänge die größer war, als die Wellenlänge der eingestrahlten Röntgenstrahlung.

Dieses Experiment ging als das kritische Experiment in die Geschichte ein, infolgedessen das Modell "Licht ist eine elektromagnetische Welle" aufgegeben werden musste und das neue Modell "Licht besteht aus Energiequanten" an dessen Stelle trat. Für die Interpretation des Experiments erhielt Compton 1927 den Nobelpreis für Physik.

Compton leitete eine Formel her, mit welcher sich die Wellenlängenänderung vorhersagen lässt. Die Herleitung für diese Formel können Sie in der Literatur nachlesen.

\[ \Delta \lambda = \lambda_2 - \lambda_1 = \frac{h}{m_0 \cdot c} \cdot (1 - cos (\alpha))\]

Hierbei sind \(\Delta \lambda\) = Änderung der Wellenlänge, \(\lambda_1\) = Wellenlänge des absorbierten Lichtquants, \(\lambda_2\) = Wellenlänge des emittierten Lichtquants, \(h\) = Planck-Konstante, \(m_0\) = Elektronenmasse, \(c\) = Lichtgeschwindigkeit, \(\alpha\) = Streuwinkel. Die Wellenlängenänderung \(\Delta \lambda\) hängt nur vom Streuwinkel ab (alle anderen Größen in der Formel sind Konstanten) und nicht von der Wellenlänge der ankommenden Lichtquanten. Das Experiment zeigt weiter, dass der Streuwinkel nicht vorhergesagt werden kann, sondern jedes Lichtquant zufällig in eine bestimmte Richtung gestreut wird.