5.4 Emissionsspektren


Bezug zum Kerncurriculum:

Ich kann quantenhafte Emission anhand von Experimenten zu Linienspektren bei Licht erläutern. Ich kann diese Beobachtungen durch die Annahme diskreter Energieniveaus in der Atomhülle erklären und Wellenlängen-Intensitäts-Spektren von Licht beschreiben. Ich kann den Zusammenhang zwischen Spektrallinien und Energieniveauschemata erklären und vorgelegte Energieniveauschemata zur Berechnung der Wellenlänge von Spektrallinien benutzen und gemessenen Wellenlängen Energieübergänge zuordnen. Ich kann die Vorgänge der Fluoreszenz an einem einfachen Energieniveauschema beschreiben und die Bedeutung der Fluoreszenz in Leuchtstoffen an den Beispielen Leuchtstoffröhre und „weiße“ LED erläutern und bewerten.


Ein Wasserstoffatom ist das denkbar einfachste Atom: der Atomkern besteht aus einem Proton und die Atomhülle besteht aus einem Elektron. Wenn das Elektron in der Atomhülle eines Wasserstoff-Atoms ein Photon absorbiert (aufnimmt), steigt die Energie des Elektrons an. Wenn das Elektron ein Photon emittiert (aussendet), dann sinkt die Energie des Elektrons.

Für diese Vorgänge der Photon-Absorption und Photon-Emission gelten folgende Regeln:

  • das Elektron in der Hülle des Wasserstoff-Atoms kann nur ganz bestimmte erlaubte Energien haben,
  • das Wasserstoff-Elektron kann nur dann ein Photon absorbieren, wenn es nach der Absorption eine erlaubte Energie hat,
  • das Wasserstoff-Elektron kann nur dann ein Photon emittieren, wenn es nach der Emission eine erlaubte Energie hat.

Modellierung im eindimensionalen Potenzialtopf:

  • Nur die Energieniveaus sind im eindimensionalen Potenzialtopf erlaubt, bei denen sich stehende Wellen der Wellenfunktion ausbilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten haben.
  • Damit das Wasserstoff-Elektron ein Photon absorbieren kann, muss die Wellenfunktion im höheren Energieniveau des eindimensionalen Potenzialtopfes eine stehende Welle bilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten hat (mittlere Abbildung).
  • Damit das Wasserstoff-Atom ein Photon emittieren kann, muss die Wellenfunktion im energieärmeren Energieniveau des eindimensionalen Potenzialtopfes eine stehende Welle bilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten hat (rechte Abbildung).

Die Modellierung im zweidimensionalen Potentialtopf erfolgt entsprechend:

  • Nur die Energieniveaus sind im zweidimensionalen Potenzialtopf erlaubt, bei denen sich stehende Wellen der Wellenfunktion ausbilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten haben.
  • Damit das Wasserstoff-Elektron ein Photon absorbieren kann, muss die Wellenfunktion im höheren Energieniveau des zweidimensionalen Potenzialtopfes eine stehende Welle bilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten hat (mittlere Abbildung).
  • Damit das Wasserstoff-Atom ein Photon emittieren kann, muss die Wellenfunktion im energieärmeren Energieniveau des zweidimensionalen Potenzialtopfes eine stehende Welle bilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten hat (rechte Abbildung).

Die Modellierung im dreidimensionalen Potentialtopf erfolgt entsprechend:

  • Nur die Energieniveaus sind im dreidimensionalen Potenzialtopf erlaubt, bei denen sich stehende Wellen der Wellenfunktion ausbilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten haben.
  • Damit das Wasserstoff-Elektron ein Photon absorbieren kann, muss die Wellenfunktion im höheren Energieniveau des dreidimensionalen Potenzialtopfes eine stehende Welle bilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten hat (mittlere Abbildung).
  • Damit das Wasserstoff-Atom ein Photon emittieren kann, muss die Wellenfunktion im energieärmeren Energieniveau des dreidimensionalen Potenzialtopfes eine stehende Welle bilden, die an ihrem Rand jeweils einen Schwingungsknoten hat (rechte Abbildung).

Es können nicht beliebige Photonen absorbiert oder emittiert werden!

  • von einem Atom können nur solche Photonen absorbiert werden, die genau so viel Energie an ein Elektron übertragen, dass dieses auf ein erlaubtes Energieniveau wechselt.
  • von einem Atom können nur solche Photonen emittiert werden, die genau so viel Energie einem Elektron abnehmen, dass dieses auf ein erlaubtes Energieniveau wechselt.

Die erlaubten Energieniveaus werden im folgenden nicht mehr grafisch mit dem Schaubild einer Wellenfunktion dargestellt, sondern es wird nur noch die Energie angegeben, welche das Elektron auf dem erlaubten Energieniveau hat. Die Energiewerte, die ein Elektron in einem Atom haben kann, sind extrem klein, weswegen in der Atomphysik für die Energie zwei verschiedene Einheiten verwendet werden:

  • für Rechnungen wird die Einheit "Joule" verwendet
  • für Angaben wird die Einheit "Elektronenvolt" verwendet

Umrechnung von "Elektronenvolt" in "Joule":

Ein Elektron hat die Energie 1 Elektronenvolt = 1 eV, wenn es von einer Spannung von 1 Volt beschleunigt wurde. Nach der Beschleunigung hat es dann die Energie:

\[ E_\text{el} = e \cdot U = 1,602 \cdot 10^{-19} \, \text{C} \cdot 1 \, \text{V} = 1,602 \cdot 10^{-19} \, \text{J}\]

Es gilt also: \(1 \, \text{eV} = 1,602 \cdot 10^{-19} \, \text{J}\)

Rechnen Sie die Angabe E = 3,42 eV in die Einheit "Joule" um.

Umrechnung von "Joule" in "Elektronenvolt":

Ein Elektron hat die Energie \(1,602 \cdot 10^{-19} \, \text{J}\), wenn es von einer Spannung von 1 Volt beschleunigt wurde.

Es gilt also: \(1,602 \cdot 10^{-19} \, \text{J} = 1 \, \text{eV}\)

Rechnen Sie die Angabe \(E = 7,32 \cdot 10^{-19} \, \text{J}\) in die Einheit "Elektronenvolt" um.

Die Elektronen in der Atomhülle eines Atoms können nur ganz bestimmte erlaubte Energien haben. Wenn man die erlaubten Energien in einem Diagramm darstellt, entsteht ein Energieniveau-Diagramm. Ein Energieniveau-Diagramm zeichnet man wie folgt:

  • Wenn das Elektron kein Photon absorbiert hat, befindet es sich im Grundzustand. Für den Grundzustand zeichnet man eine waagrechte Linie und beschriftet diese mit \(E_1\).
  • Für alle weiteren erlaubten Energiezustände zeichnet man ebenfalls eine waagrechte Linie und beschriftet diese aufsteigend mit \(E_2\), \(E_3\),... Das sind die angeregten Energiezustände, die das Elektron einnimmt, wenn es ein entsprechendes Photon absorbiert hat.
  • Die Energiedifferenzen der erlaubten Energiezustände werden maßstabsgetreu in Abstände umgerechnet und die waagrechten Linien werden entsprechend dieser Abstände gezeichnet.

In einem Energieniveaudiagramm interessiert man sich nicht für das "echte" Energieniveau, welches ein Elektron hat. Vielmehr sind die Energiedifferenzen zwischen den Energieniveaus interessant, die wir als emittierte und absorbierte Photonen messen können. Deswegen kann das Grundniveau beliebig festgelegt werden und relativ dazu die angeregten Energieniveaus angegeben werden.

In diesem Kurs geben wir das Grundniveau des Elektrons auf zwei Arten an:

  • Das Grundniveau wird mit 0 eV festgelegt: Eine solche Festlegung kennen Sie vom Thema "Lagenergie". Zum Beispiel wurde beim freien Fall vom Dreimeter-Sprungbrett im Freibad die Wasseroberfläche mit der Lageenergie 0 festgelegt und alle Rechnungen bezogen sich auf diese Festlegung. Auch ein Elektron hat im Grundzustand eine Energie, aber für unsere Rechnungen legen wir diese Energie mit 0 eV fest. Die angeregten Zustände entsprechen dann den Energien, die ein Photon bei der Absorption an das Elektron abgibt. Beispiel "Wasserstoffatom":

  • Das Grundniveau wird mit der Ionisierungsenergie des Elektrons festgelegt: Wenn ein Elektron genügend Energie bekommt, kann es die Anziehung der Protonen im Kern des Atoms überwinden und das Atom verlassen. Dieser Vorgang wird "Ionisierung" genannt, da das Atom elektrisch positiv geladen ist und zu einem "Ion" wird, wenn ein Elektron das Atom verlassen hat. Da die Energie des Elektrons größer wird, wenn es ein Photon absorbiert, wird die Ionisierungsenergie mit einem negativen Wert angegeben. Die angeregten Zustände haben dann weniger negative Werte im Vergleich zum Grundzustand und haben damit ein höheres Energieniveau. Beispiel "Wasserstoffatom":

Die Differenzen zwischen den Energieniveaus sind in beiden Darstellungsarten gleich groß. Also eigenen sich beide Skalierungen, um die Absorption und Emission von Photonen zu modellieren.

Wenn ein Elektron von einem höheren erlaubten Energieniveau zu einem niedrigeren erlaubten Energieniveau übergeht, emittiert es dabei ein Photon mit einer Energie \(E\) und einer Frequenz \(f\), wobei gilt: \(E = h \cdot f\). Die Energie \(E\) des Photons entspricht der Differenz \(\Delta E\) zwischen den beiden Energieniveaus.

Mit Hilfe der Formel \(c = h \cdot f\) kann die Wellenlänge des emittierten Photons aus der Energiedifferenz berechnet werden:

\[ \begin{align} \Delta E &= h \cdot f = h \cdot \frac{c}{\lambda} \\ \lambda &= \frac{h \cdot c}{\Delta E} \end{align} \]

Mit \(c\) = Lichtgeschwindigkeit, \(h\) = Planck-Konstante, \(f\) = Frequenz des emittierten Photons, \(\lambda\) = Wellenlänge des emittierten Photons, \(\Delta E\) = Energiedifferenz der beiden erlaubten Energieniveaus.

Berechnen Sie die Wellenlänge \(\lambda\) des Photons, wenn das Elektron von einem Energieniveau \(E_m = 13,386 \, \text{eV}\) auf ein Energieniveau \(E_n = 10,199 \, \text{eV}\) wechselt und dabei ein Photon emittiert.

In der folgenden Simulation werden Energieniveau-Diagramme für verschiedene Atome angezeigt. In das Energieniveau-Diagramm sind mögliche Übergänge von einem angeregten zu einem weniger angeregten Zustand eingetragen. Oberhalb des Energienievau-Diagramms ist das Lichtspektrum abgebildet, das man durch ein Spektroskop beobachten kann. Im Lichtspektrum sieht man einzelne Linien, da es nur wenige bestimmte erlaubte Energieniveaus für das Elektron gibt und dementsprechend nur wenige bestimmte Übergänge zwischen den erlaubten Energieniveaus möglich sind. Ein solches Spektrum heißt Emissionsspektrum.

Simulation in neuem Fenster öffnen: Emissionsspektren

Sichtbares Licht hat eine Wellenlänge von ca. 400 bis 800 nm. Licht mit einer Wellenlänge die kleiner als 400 nm ist, wird ultraviolettes Licht genannt. Ultraviolettes Licht (UV-Licht) ist energiereicher als sichtbares Licht und kann z.B. Sonnenbrand verursachen kann. Bei manchen Materialien kann man Lumineszenz beobachten:

  • Wenn man dieses Material mit UV-Licht bestrahlt, absorbiert ein Elektron in der Atomhülle ein hochenergetisches UV-Photon und wird auf ein höheres erlaubtes Energieniveau angeregt.
  • Das Elektron fällt nicht direkt in den Grundzustand zurück, sondern auf ein erlaubtes Energieniveau, das mehr Energie hat, als das Grundniveau. Die Energiedifferenz ist kleiner als die Anregungsenergie, weswegen ein sichtbares Photon ausgesendet wird.
  • Auf dem Weg zum Grundzustand könnte sich dieser Vorgang mehrmals wiederholen, wobei jeweils ein Photon mit einer anderen Wellenlänge und damit Farbe ausgesendet wird.

In der folgenden Abbildung werden einige mögliche Übergänge dargestellt, bei welcher nach der Absorption eines UV-Photons sichtbares Licht ausgesendet wird:

Wenn alle Farben mit etwa gleicher Intensität ausgesendet werden, erscheint der Körper für einen Beobachter in der Farbe weiß.

Die Lumineszenz wird weiter unterschieden:

  • Bei der Fluoreszenz verbleibt das angeregte Elektron nur sehr kurz in den angeregten Zuständen und ist nach sehr kurzer Zeit wieder im Grundzustand.
  • Bei der Phosphoreszenz kann ein Elektron mehrere Sekunden bis zu Monaten im angeregten Zustand sein und gibt die aufgenommene Energie erst nach langer Zeit als Photonen wieder an die Umgebung ab. Beispiel: Leuchtziffer einer Uhr, Leuchtpuzzle,...

Die Fluoreszenz spielt eine wichtige Rolle bei der Herstellung von weißen LED-Leuchtmitteln. Da LEDs immer nur wenige bestimmte Wellenlängen emittieren, kann man mit UV-LEDs oder blauen LEDs Leuchtstoffe per Fluoreszenz dazu bringen viele verschiedene sichtbare Farben auszusenden. Für einen Beobachter erscheint das von der Lampe ausgesandte Licht dann weiß.