Funktion der Augenlinse


Wir haben im vorherigen Kapitel gelernt, wie Bilder in einer Lochkamera entstehen und was passiert, wenn Licht ins Auge trifft. Wir wollen den Abbildungsvorgang im Auge jetzt nochmal näher untersuchen. Dafür schauen wir uns zuerst an, wie unser Auge aufgebaut ist. Grundsätzlich gilt für alle Experimente: Falls du eine Brille trägst, lasse sie bitte auf und führe sie bitte mit Brille durch.

Wiederholung: Aufbau des menschlichen Auges

Sicherlich kennst du schon aus dem Biologieunterricht wie unser Auge aufgebaut ist. Wir wollen uns nochmal kurz erinnern: Klicke auf den folgenden Link und klicke auf den jeweiligen roten Pin, um den Querschnitt eines Auges zu beschriften. Wenn du alle Bestandteile benannt hast, kannst du unten rechts auf einen kleinen blauen Haken klicken und dein Ergebnis kontrollieren.

Beschreibe, wie Bilder im Auge entstehen können.

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Wenn Licht in unser Auge trifft, dann durchdringt es die Hornhaut, die Linse (und Augenflüssigkeit) sowie den Glaskörper. Vereinfacht können wir uns vorstellen, dass Licht in unser Auge trifft und durch eine Linse gebündelt wird. Das erzeugte Bild trifft dann auf die Netzhaut (unseren „Schirm“), wo viele lichtempfindliche Nerven liegen und die Informationen über das Auftreffen des Lichts an unser Gehirn (über den Sehnerv) weiterleiten. Die Iris reguliert dabei, wie viel Licht in unser Auge auf die Netzhaut trifft. Wenn es dunkler ist, öffnet sich unsere Pupillenöffnung. Wenn es heller ist, wird sie wieder kleiner. Dies kannst du im folgenden Experiment ausprobieren!

Experiment 1: Pupillenöffnung bei unterschiedlicher Helligkeit

Stelle dich vor einen Spiegel in einem gut beleuchteten Zimmer und beobachte dein Auge (besonders deine Pupillenöffnung). Decke nun dein linkes Auge für ca. 60 Sekunden mit einer Hand ab und schaue anschließend wieder in den Spiegel. Was beobachtest du?

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Du kannst jetzt beobachten, dass sich deine Pupille stark geöffnet hat, um mehr Licht ins Auge zu lassen.

Wir schauen uns jetzt nahe und ferne Gegenstände einmal genauer an.

Experiment 2: Nahe und ferne Gegenstände

  1. Stelle dich nach draußen und strecke deinen Arm aus und deinen Daumen nach oben. Schließe dein rechtes Auge und schaue auf deinen Daumen und stelle auf den Daumen scharf (fokussiere). Wie sieht deine Umgebung aus? Anschließend versuchst du deine Umgebung scharf zu stellen. Ist das Bild des Daumens noch scharf?
  2. Stelle dich wie unter 1. hin und schließe dein rechtes Auge. Nähere dich mit dem Daumen deinem geöffneten Auge. Bis zu welchem Punkt kannst du den Daumen scharf erkennen?
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  • Wir konnten beobachten, dass unser Auge entweder nur nahe oder nur ferne Gegenstände scharf stellt. Wenn wir unseren Daumen fokussieren, ist dieser scharf, aber die Umgebung etwas verschwommen. Wenn wir unsere Umgebung fokussieren, dann ist der Daumen unscharf.
  • Wenn du den Daumen auf dein Auge zubewegst, gibt es einen Punkt, den sogenannten Nahpunkt, ab welchem du nahe Gegenstände nicht mehr scharf siehst. Dieser ist ca. 10 cm vom Auge entfernt.

Doch wie entstehen nun scharfe und unscharfe Bilder in unserem Auge? Betrachten wir vereinfacht einen Gegenstand (eine Kerze) und ein Modellauge: Um ein scharfes Bild auf dem Schirm zu erzeugen, muss jeder Gegenstandspunkt auf genau einem Bildpunkt abgebildet werden. Wir betrachten so eine Abbildung für einzelne Punkte.

bild1

Hier wird genau ein Gegenstandspunkt (der oberste Gegenstandspunkt einer Kerze) auf einen Bildpunkt auf der Netzhaut abgebildet (unterster Bildpunkt). Wir schauen noch einen weiteren Punkt an (den untersten Gegenstandspunkt). Dies geschieht für alle Bildpunkte und so entsteht ein seitenverkehrtes und höhenverkehrtes verkleinertes Bild auf unserer Netzhaut:

bild2

Diesen Vorgang kann man auch mit Fachbegriffen beschreiben: Das Licht, welches von der Kerze ausgeht, wird als divergentes Lichtbündel beschrieben und durch die Linse im Auge zu einem konvergenten Lichtbündel. Die Begriffe kommen aus dem Lateinischen und bedeuten übersetzt: Das Licht, welches von der Kerze ausgeht ist „auseinanderstrebend“ und nachdem es die Linse getroffen hat, bezeichnet man es als „zusammenlaufend“. Denn in der Linse wird das Licht gebrochen. Wir können uns das gut vorstellen, wenn wir eine Sammellinse aus Glas anschauen:

bild3

Erstens: Licht trifft auf die Linse aus Glas. Das Licht wird beim Übergang von der Luft zum Glas hin gebrochen. Zweitens: Das Licht durchläuft die Linse und trifft wieder auf Luft. Die Lichtbündel werden erneut gebrochen. Durch die Lichtbrechung wird das Lichtbündel konvergent (also zusammenlaufend).

Was passiert nun im Auge, wenn wir die Kerze weiter wegschieben? Hierfür wollen wir uns einmal anschauen, wovon das Bild abhängt:

Experiment 3: Abhängigkeit zur Bildposition

Wir verwenden eine ähnliche Simulation wie bei der Lochkamera. Öffne den Link und führe nacheinander ähnliche Messungen wie bei der Lochkamera durch:

  1. Setze für alle Kästchen ein Häkchen, so dass dir alles angezeigt wird (mit ein paar Ausnahmen: Szene verkleinern, Parallelstrahl, Mittelpunktstrahl, Brennstrahl). Schaue genau hin, was sich in der Abbildung verändert, dann siehst du, was die optische Achse, den Gegenstand, das Lichtbündel, … beschreibt.
  2. Variiere jeweils die passende Größe, um folgende Sätze zu ergänzen:
  • Wenn die Gegenstandsweite g größer als die doppelte Brennweite f der Sammellinse ist, dann gilt: Das Bild B ist … als der Gegenstand G.
  • Wenn die Gegenstandsweite g im Bereich zwischen f und der doppelten Brennweite 2f liegt, dann gilt: Das Bild B ist … als der Gegenstand G.
  • Wenn die Gegenstandsweite g kleiner als die Brennweite f ist, dann gilt: Auf dem Schirm entsteht ...
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  • Wenn die Gegenstandsweite g größer als die doppelte Brennweite f der Sammellinse ist, dann gilt: Das Bild B ist kleiner als der Gegenstand G.
  • Wenn die Gegenstandsweite g im Bereich zwischen f und der doppelten Brennweite 2f liegt, dann gilt: Das Bild B ist größer als der Gegenstand G.
  • Wenn die Gegenstandsweite g kleiner als die Brennweite f ist, dann gilt: Auf dem Schirm entsteht kein Bild B.

Fassen wir die Ergebnisse in Bezug für die Bedeutung der Augenlinse zusammen:

  • Für jede Entfernung eines Gegenstandes gibt es maximal eine Bildweite, um ein scharfes Bild zu erzeugen (im Brennpunkt). Um Bilder scharf zu stellen, müssen wir die Linse oder den Schirm bewegen. In unserem Auge sind allerdings sowohl die Linse als auch unser „Schirm“ (die Netzhaut) fest und können nicht verschoben werden. Um nun scharfe Bilder zu sehen, verändert unser Auge die Brechkraft der Linse. Das heißt, die Augenlinse wird mithilfe des Ziliarmuskels so verformt, dass sich die Brennweite der Entfernung des Gegenstandes anpasst.
  • Die Simulation hat für einen Nahbereich gezeigt, dass kein Bild auf dem Schirm entsteht.

Wir wollen uns beide Aspekte nochmal näher ansehen.

Experiment 4: Brechkraft der Linse

  1. Starte die Simulation und stelle feste Werte für die Gegenstandsweite und die Bildweite ein.
  2. Klicke auf das Feld „Linse“.
  3. Suche dir einen festen Wert für die Bildweite aus, zum Beispiel b = 10. Stelle die Lochblende auf L = 1.
  4. Stelle den Abstand vom Gegenstand zur Linse maximal ein (g = 12) und suche eine Brechkraft der Linse, um ein möglichst scharfes Bild zu erzeugen (zum Beispiel: Brechkraft = 18.5).
  5. Variiere nun die Gegenstandsweite und beobachte, wie sich das Bild verändert.
  6. Stelle die Gegenstandsweite möglichst klein ein (g = 4) und verändere die Brechkraft der Linse, um ein möglichst scharfes Bild zu erzeugen.

Was kannst du beobachten?

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Du kannst nun sehen, was unser Auge macht. Sobald sich die Entfernung zum Gegenstand verändert, verformt sich unsere Augenlinse und passt somit ihre Brennweite dem Abstand zum Gegenstand an, um den Brennpunkt der Lichtbündel auf der Netzhaut abzubilden.

Was passiert, wenn kein Bild auf dem Schirm erzeugt wird?

Wir haben in der Simulation gesehen, dass kein Bild auf dem Schirm entsteht, wenn der Gegenstand sehr nah an der Linse ist (Gegenstandsweite g kleiner als die Brennweite f). Doch aus vorherigen Kapiteln wissen wir: Wenn wir eine Sammellinse (Lupe) auf einen Gegenstand halten, dann wird der Gegenstand vergrößert. Das vergrößerte Bild kann mit einem Schirm aber nicht aufgefangen werden, trotzdem können wir es mit unserem Auge sehen. Daher unterscheidet man zwischen dem reellen Bild (welches auf dem Schirm erzeugt werden kann) und dem virtuellen Bild (welches wir zwar wahrnehmen, aber nicht auf einem Schirm abbilden können).


Wahrnehmung

Wir wissen nun, dass auf unserer Netzhaut ein seiten- und höhenverkehrtes Bild eines Gegenstandes entsteht. Diese Informationen werden an unser Gehirn weitergeleitet und verarbeitet, sodass unser Bild gedreht wird und wir den Gegenstand in richtiger Ausrichtung wahrnehmen. Außerdem können wir räumliche Objekte wahrnehmen, da wir zwei Augen haben und diese zwei Bilder auf der Netzhaut abbilden. Unser Gehirn steuert die Verarbeitung und fügt die beiden Bilder zu einem räumlichen Bild zusammen.

Experiment 5: Räumliches Sehen

Suche dir ein kleines Objekt in deiner Nähe (z.B. ein Buch). Stelle dich so vor den Gegenstand auf, dass du das Objekt mit deinem Daumen verdecken kannst, während du dein linkes Auge geschlossen hast. Öffne nun das rechte Auge und schließe das linke Auge. Was kannst du beobachten?

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Du kannst nun sehen, dass zwei leicht unterschiedliche Bilder durch die Augen erzeugt werden. Wenn du einen Gegenstand mit dem Daumen vollständig verdeckt hast, dann ist das Bild mit dem anderen Auge etwas verschoben. Der Gegenstand, der vorher verdeckt wurde, ist nun wieder sichtbar. Die beiden zweidimensionalen Bilder auf der Netzhaut werden dann von unserem Gehirn zusammengefasst und es entsteht ein räumliches Bild.

Doch wir können nicht beliebig viele Bilder in einer Sekunde wahrnehmen. Unser Gehirn nimmt etwa 20 Bilder pro Sekunde wahr, sodass wir bei mehreren Bildern pro Sekunde einen bewegten Film sehen. Dieses Phänomen kannst du für ein Daumenkino (im nachfolgenden Exkurs) benutzen.

Exkurs: Daumenkino

Hierfür kannst du eine Vorlage herunterladen und ausdrucken oder selbst deine eigene kleine Geschichte malen (z.B. von einem hüpfenden Ball). Wenn du die Zettel hintereinander heftest und blätterst, entsteht ein kleiner Film. Viel Spaß!