2.5 Induktion


Bezug zum Kerncurriculum:
Ich kann die Erzeugung einer Induktionsspannung qualitativ beschreiben und einfache qualitative Experimente zur Erzeugung einer Induktionsspannung durchführen.
Ich kann den Zusammenhang zwischen Induktionsspannung und einer linearen zeitlichen Änderung von B nennen und geeignete Versuche bzw. Diagramme zur Überprüfung des Induktionsgesetzes für den Fall linearer Änderungen von B auswerten.


In einem geraden Stück Metall befinden sich frei bewegliche Elektronen. Bewegt man einen Leiter der Länge \(d\) mit der Geschwindigkeit \(v\) senkrecht zu einem Magnetfeld mit der magnetischen Flussdichte \(B\), dann wirkt auf die Elektronen im Leiter die Lorentzkraft \(F_L\), mit \(F_L = e \cdot v \cdot B\). Die Elektronen werden aufgrund der wirkenden Lorentzkraft im Fall der folgenden Skizze nach links verschoben. Am linken Ende baut sich also ein Elektronenüberschuss auf, am rechten Ende des Leiters ein Elektronenmangel. Dadurch entsteht im Leiter ein elektrisches Feld \(E\), in dem auf ein Elektron die elektrische Kraft \(F_\text{el}\) wirkt. Die Ladungsverschiebung erfolgt im Leiter solange, bis die Lorentzkraft \(F_L\) und die elektrische Kraft \(F_\text{el}\) im Gleichgewicht sind. In dieser Gleichgewichtssituation kann man zwischen den Enden des Leiters eine Spannung messen, die als Induktionsspannung \(U_\text{ind}\) bezeichnet wird.

Induktion im Leiter

Das elektrische Feld im Inneren des Leiters ist homogen, da überall ein Gleichgewicht zwischen Lorentzkraft und elektrischer Kraft herrscht. Es gilt also:

\[ E = \frac{U_\text{ind}}{d}\]

Aufgrund des Kräftegleichgewichts folgt:

\[ \require{action} \def\click{\rlap{\enclose{box}{\small\text{Zeige nächsten Schritt}}}\hphantom{\longest}} \def\={\phantom{ {} = {} }} \def\longest{e \cdot v \cdot B} \toggle {\begin{aligned}[t] F_\text{el} &= F_L \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] F_\text{el} &= F_L \\ e \cdot E &= e \cdot v \cdot B \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] F_\text{el} &= F_L \\ e \cdot E &= e \cdot v \cdot B \\ \frac{U_\text{ind}}{d} &= v \cdot B \\ &\=\click \end{aligned}} {\begin{aligned}[t] F_\text{el} &= F_L \\ e \cdot E &= e \cdot v \cdot B \\ \frac{U_\text{ind}}{d} &= v \cdot B \\ U_\text{ind} &= B \cdot v \cdot d \end{aligned}} \endtoggle\]

In einem Leiterstück der Länge \(d\), das sich senkrecht zu einem Magnetfeld der Stärke \(B\) mit der Geschwindigkeit \(v\) bewegt, wird eine Spannung \(U_\text{ind}\) induziert und es gilt:

\[ U_\text{ind} = B \cdot v \cdot d\]

In einer Leiterschleife wird eine Spannung induziert, wenn sich nur eine der beiden Schleifensegmente im Magnetfeld bewegt. Im unteren Segment wirkt die Lorentzkraft auf die Elektronen, die sich deswegen im Leiter bewegen. Dadurch wird im oberen Segment die Elektronendichte größer als im unteren Segment. Der Ladungsunterschied kann mit dem Voltmeter gemessen werden. Im oberen Segment bildet sich ein Minuspol im unteren ein Pluspol.

Induktion in einer Leiterschleife 01

Bewegen sich sowohl das obere als auch das untere Segment im Magnetfeld, dann wirkt sowohl im oberen als auch im unteren Segment die Lorentzkraft mit gleichem Betrag und in beiden Fällen nach links gerichtet. Die Kraftwirkung im oberen Segment und die im unteren Segment heben sich gegenseitig auf, so dass vor und nach dem Voltmeter die Elektronendichte gleich ist. Es wird keine induzierte Spannung gemessen.

Induktion in einer Leiterschleife 02

Verlässt das untere Segment das Magnetfeld, dann wirkt nur im oberen Segment, das sich noch im Magnetfeld bewegt, die Lorentzkraft auf die Elektronen. Die Elektronendichte im oberen Segment ist kleiner als im unteren, so dass eine induzierte Spannung gemessen werden kann. Im oberen Segment bildet sich ein Pluspol im unteren ein Minuspol. Das Vorzeichen der Induktionsspannung hat sich also geändert.

Induktion in einer Leiterschleife 03

Da nur in dem Fall eine induzierte Spannung auftritt, wenn sich nur das obere oder nur das untere Segment durch das Magnetfeld bewegt, kann die Formel für die Induktion im geraden Leiter angewendet werden:

\[ U_\text{ind} = B \cdot v \cdot d\]

Geometrisch kann die Bewegung des Leiterstücks der Länge \(d\) mit der Geschwindigkeit \(v\) in einen Zusammenhang mit der Bewegung der Leiterschleife gebracht werden, indem man \(v \cdot d\) auffasst als Änderung der Fläche \(\Delta A\) der vom Magnetfeld durchsetzten Fläche während der Zeit \(\Delta t\). Dabei ist \(v = \frac{\Delta s}{\Delta t}\) und \(\Delta s \cdot d = \Delta A\). Wenn sich die vom Magneten durchsetzte Fläche der Leiterschleife nicht mehr ändert, befindet sich die Leiterschleife vollständig im Magnetfeld und es wird keine Spannung mehr induziert. Es gilt also:

\[ v \cdot d = \frac{\Delta s}{\Delta t} \cdot d = \frac{\Delta s \cdot d}{\Delta t} = \frac{\Delta A}{\Delta t}\]

Die induzierte Spannung \(U_\text{ind}\) der Leiterschleife, die senkrecht von einem Magnetfeld der Stärke \(B\) durchsetzt wird, kann wie folgt berechnet werden:

\[ U_\text{ind} = B \cdot v \cdot d = B \cdot \frac{\Delta A}{\Delta t}\]

Wenn man die Anzahl der Leiterschleifen erhöht, so dass eine Spule entsteht, wird in jeder einzelnen Windung die gleiche Spannung induziert, so dass eine Spule als Reihenschaltung von \(N\) Windungen aufgefasst werden kann. Für die induzierte Spannung gilt dann:

\[ U_\text{ind} = N \cdot B \cdot \frac{\Delta A}{\Delta t}\]

Wenn die senkrecht vom Magnetfeld durchsetzte Fläche zunimmt, dann hat die Induktionsspannung ein anderes Vorzeichen, als wenn die vom Magnetfeld senkrecht durchsetzte Fläche abnimmt.

Heinrich Lenz hat 1834 erstmals untersucht, wie die Induktionsspannung gerichtet ist. Er erkannte, dass der Energieerhaltungssatz erfüllt sein muss und das funktioniert bei Induktionsphänomenen nur, wenn die durch eine Induktionsspannung hervorgerufene Wirkung der Ursache der Induktion entgegengerichtet ist.

Es gilt nach der Lenzschen Regel:

\[ U_\text{ind} = - N \cdot B \cdot \frac{\Delta A}{\Delta t}\]

Wenn sich in der Nähe eines Leiters das Magnetfeld ändert, dann beobachtet man eine Wirkung auf die Elektronen. Bei sinnvoller Anordnung der Leiter z.B. als Leiterspule kann eine induzierte Spannung an den Enden der Spule gemessen werden. Dabei kann man beobachten, dass die Induktionsspannung nur dann gemessen wird, wenn sich das Magnetfeld in der Spule ändert. Den maximalen Betrag der Induktionsspannung kann man vergrößern, indem man die Anzahl der Spulenwindungen vergrößert oder die Änderungsgeschwindigkeit des Magnetfelds vergrößert.

Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment wie beschrieben durch.

Quelle: PhET

Wie kann man sich diese Induktionswirkung vorstellen?

Bei einer ruhenden Spule sind die Elektronen in der Spule nicht in Bewegung. Wenn die ruhende Spule in einem ruhenden Magnetfeld platziert wird, beobachtet man keine Lorentzkraft. Setzt man sich gedanklich auf ein Elektron, das sich in der Spule befindet, dann können folgende Situationen auftreten:

  • Man dreht die Spule im Magnetfeld, so dass sich ein Elektron senkrecht zum Magnetfeld bewegt. Das Elektron erfährt eine Lorentzkraft.
  • Man ändert das Magnetfeld in der Nähe der Spule so, dass die Änderung der Situation aus Sicht des Elektrons genauso ist, als würde das Elektron bewegt werden.

Da man aus Sicht des Elektrons nicht entscheiden kann, ob das Elektron bewegt wird oder ob das Magnetfeld geändert wird, muss in beiden Fällen eine Lorentzkraft auf das Elektron wirken. Entscheidend für die Beobachtung einer Lorentzkraft ist nur, dass sich ein Elektron relativ zu einem Magnetfeld bewegt. Dabei kann man 3 Situationen beobachten, in denen eine Lorentzkraft beobachtet wird:

  • das Elektron bewegt sich aus Sicht eines Beobachters senkrecht zu einem aus Sicht des Beobachters ruhenden Magnetfelds,
  • das Magnetfeld ändert sich relativ zu einem aus Sicht des Beobachters ruhenden Elektrons auf die gleiche Weise, als würde das Elektron sich senkrecht zum Magnetfeld bewegen,
  • sowohl das Elektron bewegt sich aus Sicht des Beobachters senkrecht zum Magnetfeld und gleichzeitig ändert sich das Magnetfeld aus Sicht des Beobachters relativ zum Elektron.

Diese Erkenntnis kann man verallgemeinern:

Wenn sich in einer Spule mit \(N\) Windungen und der Querschnittsfläche \(A\) die magnetische Flussdichte \(B\) ändert, dann wird in der Spule die Spannung \(U_\text{ind}\) induziert und es gilt unter Berücksichtigung der lenzschen Regel:

\[ U_\text{ind} = - N \cdot \frac{\Delta B}{\Delta t} \cdot A\]

Für die Induktionsspannung in einer Spule mit \(N\) Windungen, die sich senkrecht zu einem Magnetfeld der Feldstärke \(B\) mit der Geschwindigkeit \(v\) bewegt, gilt:

\[ U_\text{ind} = - N \cdot B \cdot \frac{\Delta A}{\Delta t}\]

Für die Induktionsspannung in einer Spule mit \(N\) Windungen und der Fläche \(A\), in der sich das Magnetfeld ändert gilt:

\[ U_\text{ind} = - N \cdot \frac{\Delta B}{\Delta t} \cdot A\]

Mann kann sich jetzt eine Situation vorstellen, in der sich sowohl die von einem Magnetfeld durchsetzte Fläche, als auch die magnetische Flussdichte ändert. Die Kombination beider Formeln beschreibt die neue Situation:

\[ U_\text{ind} = - N \cdot B \cdot \frac{\Delta A}{\Delta t} - N \cdot \frac{\Delta B}{\Delta t} \cdot A\]

Unsere moderne Gesellschaft ist ohne elektrische Energieversorgung nicht vorstellbar. Es gibt viele unterschiedliche Methoden, um andere Energieformen in elektrische Energie umzuwandeln. Eine davon basiert auf der elektromagnetischen Induktion, nämlich die elektrische Stromerzeugung mit einem Generator. Die grundlegende Funktionsweise eines Generators lässt sich aus dem Induktionsgesetz ableiten:

Aus dem ersten Summanden des ausgeschriebenenen Induktionsgesetzes: \(U_\text{ind} = - N \cdot B \cdot \frac{\Delta A}{\Delta t}\) folgt direkt, dass eine Induktionsspannung erzeugt werden kann, wenn sich die vom Magnetfeld senkrecht durchsetzte Fläche einer Spule ändert.

Die Funktionsweise eines Generators können Sie in der folgenden Simulation studieren. Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment im Tab "Interaktives Experiment" wie beschrieben durch.

In einem neuen Fenster starten: Generator

In einem Großkraftwerk wird eine Spannung von 10000 bis 20000 V von den Generatoren erzeugt. Beim Endkunden im Haushalt stehen 230 V zur Verfügung und beim Transport vom Kraftwerk zum Endkunden wird die Spannung mehrmals transformiert, um die Energie möglichst verlustfrei zu übertragen.

Wenn man ein Handy aufladen möchte, sind die 230 V Spannung aus der Steckdose zu hoch. Dem Akku würde zu viel Energie pro Elektron zugeführt werden, er würde zu stark erhitzen und schließlich zerstört werden. Daher muss die Spannung von 230 V auf 5 V transformiert werden. Gleichzeitig wird im Handyladegerät aus einer Wechselspannung mit 50 Poländerungen pro Sekunde eine Gleichspannung gemacht.

Diese Spannungstransformationen werden mit Hilfe von Transformatoren erreicht. Die grundlegende Funktion eines Transformators lässt sich aus dem Induktionsgesetz ableiten. Aus dem zweiten Summanden des ausgeschriebenenen Induktionsgesetzes: \(U_\text{ind} = - N \cdot \frac{\Delta B}{\Delta t} \cdot A\) folgt direkt, dass eine Induktionsspannung erzeugt werden kann, wenn sich das Magnetfeld in einer Spule ändert.

Die Funktionsweise eines Transformators können Sie in der folgenden Simulation studieren. Klicken Sie auf den Tab "Durchführung" und führen Sie das interaktive Experiment im Tab "Interaktives Experiment" wie beschrieben durch.

In einem neuen Fenster starten: Transformator

Man transformiert die Wechselspannung in der Sekundärspule auf eine höhere Spannung, wenn die Anzahl der Windungen in der Sekundärspule größer ist als die Anzahl der Windungen in der Primärspuele und umgekehrt.

Ein Transformator funktioniert nur mit Wechselspannung, da sich das Magnetfeld nach dem Induktionsgesetz ständig ändern muss, damit eine Spannung induziert werden kann.