3.6 Michelson-Interferometer


Bezug zum Kerncurriculum:
Ich kann Interferenzphänomene für folgende „Zwei-Wege-Situationen“ beschreiben und deuten: Michelson-Interferometer.
Ich kann die Zeigerdarstellung oder eine andere geeignete Darstellung zur Beschreibung und Deutung verwenden und die technische Verwendung des Michelson-Interferometers zum Nachweis kleiner Längenänderungen erläutern.


Licht ist eine elektromagnetische Welle. Wenn man eine Lichtquelle nutzt, die kohärentes Licht aussendet (alle Wellenzüge haben gleiche Frequenz, gleiche Amplitude und eine feste Phasenbeziehung), kann man zwei Wellenzüge des Lichts an einem Ort interferieren lassen und beobachtet dort Maxima und Minima, je nachdem wie groß der Gangunterschied der Wellenzüge ist.

Die von den meisten Lichtquellen ausgesandten Wellenzüge sind nicht kohärent, denn die Lichtquelle sendet die Wellenzüge in unregelmäßigen Zeitabständen aus, die Intensität und damit die Amplitude schwankt zufällig und es werden meistens gleichzeitig sehr unterschiedliche Frequenzen ausgesendet. Ein Beispiel für eine Lichtquelle, die nicht kohärentes Licht aussendet, ist eine Glühbirne. Schickt man die nicht kohärenten Wellenzüge einer Glühbirne auf einen Punkt, beobachtet man dort keine Maxima oder Minima, denn die Wellenzüge sind zu verschieden.

Ein Laser ist eine Lichtquelle, die kohärentes Licht aussendet. Im 3. Semester werden Sie beim Thema "Atomhülle" lernen Sie , wie eine Laser funktioniert. In einem Michelson-Interferometer teilt man einen vom Laser ausgesandten Wellenzug mit Hilfe eines Strahlteilers (50% werden nach oben reflektiert und 50% gehen gerade durch) auf und schickt diese dann mit Hilfe von Spiegeln auf zwei verschiedenen Wegen auf einen Schirm. Auf dem Schirm interferieren die beiden Wellenzüge.

Bei der Reflektion am Strahlteiler oder an den Spiegeln erfährt der reflektierte Wellenzug einen Phasensprung um 180° = \(\pi\) (aus einem Wellenberg wird bei der Reflektion ein Wellental). Es gibt verschiedene Bauweisen für Spiegel und Strahlteiler mit unterschiedlichen Phasensprüngen, wir modellieren hier die Reflektion immer mit einem Phasensprung von 180° = \(\pi\).

Man beobachtet folgende Interferenzsituationen auf dem Schirm:

  • Wenn der Wegunterschied der beiden Wellenzüge ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist, dann beobachtet man auf dem Schirm ein Maximum, der Schirm ist am Interferenzort hell.
  • Ist der Wegunterschied der beiden Wellenzüge ein ungeradzahliges Vielfaches der halben Wellenlänge, dann beobachtet man ein Minimum auf dem Schirm, der Schirm ist am Interferenzort dunkel.
  • Für andere Wegunterschiede beobachtet man eine mittlere Helligkeit auf dem Schirm.

Den Wegunterschied zwischen den beiden Wellenzügen kann man mit Hilfe eines beweglichen Spiegels einstellen.

Das entscheidende Kriterium für die Interferenzsituation auf dem Schirm ist beim Michelson-Interferometer der vom Licht zurückgelegte Weg. Das in der Schule verwendete Laserlicht eines Helium-Neon-Lasers hat eine Wellenlänge von \(633 \, \text{nm} = 633 \cdot 10^{-9} \, \text{nm}\). Für den Zusammenhang zwischen der Lichtgeschwindigkeit \(c = 299.792.458 \rm{\frac{m}{s}}\), der Wellenlänge \(\lambda\) und der Frequenz \(f\) gilt:

\[ c = \lambda \cdot f\]

Für die Frequenz des Laserlichts gilt dann:

\[ f = \frac{c}{\lambda} = \frac{299.792.458 \, \frac{\text{m}}{\text{s}}}{633 \cdot 10^{-9} \, \text{nm}} = 4,736 \cdot 10^{14} \, \text{Hz}\]

Die Wellenzüge des Laserlichts bewegen sich also extrem schnell, die Wellenlänge in einem Wellenzug sind extrem kurz und die Oszillation ist extrem schnell.

Um die Interferenzsituation zu modellieren, wird im folgenden das Zeigermodell verwendet:

  • Jedem Wellenzug wird ein virtueller Zeiger mit einer bestimmten Länge zugeordnet. Die Länge steht für die Amplitude der Schwingung der Welle.
  • Sobald ein Wellenzug seinen Weg zum Interferenzort begonnen hat, beginnt der zugeordnete Zeiger mit der Frequenz der Welle zu rotieren.
  • Sobald ein Wellenzug am Interferenzort angekommen ist, stoppt der zugeordnete Zeiger seine Rotation.
  • Wenn beide Wellenzüge am Interferenzort angekommen sind, also beide Zeiger aufgehört haben zu rotieren, wird mit Hilfe der Parallelogrammregel aus den beiden virtuellen Zeigern die Position und Länge des resultierenden Zeigers ermittelt.

Am Interferenzort können folgende Situationen beobachtet werden:

  • Wenn die Länge des resultierenden Zeiger etwa doppelt so lang ist, wie die eines virtuellen Zeigers beobachtet man am Interferenzort ein Maximum.
  • Wenn die Länge des resultierenden Zeigers etwa Null ist, beobachtet man am Interferenzort ein Minimum.
  • Sonst beobachtet man eine mittlere Amplitude A und damit eine mittlere Intensität I (\(I = A^2\)).

Diese Modellierung können Sie mit Hilfe der folgenden Simulation nachvollziehen. Der Laser sendet einen Wellenzug aus, der am Strahlteiler aufgeteilt wird. Die Wellenzüge werden in der Simulation durch rote Kreise symbolisiert, denn das Laserlicht mit einer Wellenlänge von 633 nm sehen wir als rotes Licht. Die roten Kreise zeigen an, wie sich die Wellenzüge ausbreiten.

Für die Simulation wird die Situation in extremer Zeitlupe modelliert:

  • In der Realität bewegt sich das rote Laserlicht mit der Lichtgeschwindigkeit (\(c = 299.792.458 \rm{\frac{m}{s}}\)). In der Simulation wird die Bewegung extremst verlangsamt simuliert, so dass man dem Licht bei seiner Ausbreitung zusehen kann.
  • In der Realität oszilliert die elektromagnetische Welle mit \(10^{14} \, \text{Hz}\). In der Simulation rotieren die den Wellenzügen zugeordneten virtuellen Zeiger extremst verlangsamt, so dass man sie beobachten kann.

Die Simulation ist so programmiert, dass die Interferenzsituation zu der extrem verlangsamten Simulation passt.

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Bei einer Verschiebung des beweglichen Spiegels um die Strecke \(\Delta d\) wird der vom Wellenzug zurückgelegte Weg um \(2 \cdot \Delta d\) länger, da man den Weg zum verschobenen Spiegel hin und wieder zurück berücksichtigen muss.

Wenn die Verschiebung \(\Delta d\) ein Vielfaches der halben Wellenlänge ist, dann ist der Wegunterschied der beiden Wellenzüge ein Vielfaches der Wellenlänge und man beobachtet auf dem Schirm ein Maximum.

Wenn die Verschiebung \(\Delta d\) ein ungeradzahliges Vielfaches einer viertel Wellenlänge ist, dann ist der Wegunterschied ein ungeradzahliges Vielfaches einer halben Wellenlänge und man beobachtet auf dem Schirm ein Minimum.

Die Wellenlänge des Laserlichts ist extrem klein (633 nm). Im Vergleich dazu ist es nicht möglich, den vom Licht tatsächlich zurückgelegten Weg zu messen, damit man den Wegunterschied der beiden Wellenzüge bestimmen kann.

In einem realen Experiment betrachtet man deswegen nicht den Wegunterschied der beiden Wellenzüge. Man betrachtet nur den relativen Unterschied der zurückgelegten Wege der beiden Wellenzüge und nennt diesen den Gangunterschied \(\Delta s\) der Wellenzüge:

  • Man stellt die Verschiebung des beweglichen Spiegels so ein, dass man auf dem Schirm ein Maximum beobachtet.
  • Sobald man auf dem Schirm ein Maximum sieht, kennt man zwar den von den beiden Wellenzügen zurückgelegten Weg nicht, weiss aber sicher, dass in dieser Spiegelposition der Wegunterschied der beiden Wellenzüge ganz genau ein Vielfaches der Wellenlänge ist.
  • Den Wegunterschied legt man auf Null fest und nennt ihn Gangunterschied \(\Delta s\) der beiden Wellenzüge.
  • Wenn man den beweglichen Spiegel soweit verschiebt, dass man wieder ein Maximum beobachtet, weiß man, dass der Gangunterschied \(\Delta s\) der beiden Wellenzüge um eine Wellenlänge \(\lambda\) größer geworden ist.
  • Verschiebt man den beweglichen Spiegel weiter und zählt dabei, wie oft man auf dem Schirm ein Maximum beobachtet hat, weiß man, um wie viele Wellenlängen der Gangunterschied größer wurde.

Diese Idee wird in der folgenden Simulation modelliert.

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Wenn man den beweglichen Spiegel so verschiebt, dass man auf dem Schirm ein Maximum beobachtet, legt man den Gangunterschied \(\Delta s = 0\) fest. Wenn man den Spiegel weiter verschiebt und dann wieder ein Maximum beobachtet, ist der Gangunterschied \(\Delta s = \lambda\). Wenn man den Spiegel so weit verschiebt, dass man weitere \(N\) Maxima beobachtet, gilt für den Gangunterschied \(\Delta s = N \cdot \lambda\).

Damit sich der Gangunterschied \(\Delta s\) um \(\lambda\) ändert, wird der bewegliche Spiegel um \(\frac{\lambda}{2}\) verschoben, denn das Licht bewegt sich zum beweglichen Spiegel hin und wieder zurück. Wenn man den Spiegel so weit verschiebt, dass man weitere \(N\) Maxima beobachtet, wurde der Spiegel um \(\Delta d = N \cdot \frac{\lambda}{2}\) verschoben. Das gleiche gilt auch, wenn man die Beobachtung bei einem Minimum beginnt.

Für den Zusammenhang zwischen der Verschiebung des Spiegels \(\Delta d\), der Wellenlänge \(\lambda\) und der Anzahl \(N\) der beobachteten Interferenzbildänderungen (Hell-Dunkel-Hell oder Dunkel-Hell-Dunkel) gilt:

\[ \Delta d = N \cdot \frac{\lambda}{2}\]

Ein Michelson-Interferometer kann dazu verwendet werden, um kleinste Wellenlängen zu messen, die in der Größenordnung der Wellenlänge des verwendeten Lichts liegen. Im Fall des roten Lichts eines Helium-Neon-Lasers bei einer Wellenlänge von \(\lambda = 633 \, \text{nm}\) können Wellenlängen im Mikrometer- bis Nanometer-Bereich gemessen werden.

Man befestigt einen beweglichen Spiegel an der Strecke, die gemessen werden soll und lässt Laserlicht der Wellenlänge \(\lambda\) durch eine Michelson-Interferometer-Anordnung laufen. Am Schirm/Detektor zählt man die Anzahl \(N\) der beobachteten Maxima auftreten und kann mit Hilfe der Formel

\[ \Delta d = N \cdot \frac{\lambda}{2}\]

die Verschiebung des Spiegels berechnen.

In der folgenden Simulation wird ein reales Schirmbild modelliert.

Sie können die Wellenlänge und damit die Farbe des verwendeten Laserlichts einstellen. Auch können Sie mit Hilfe einer Linse das Interferenzbild auf dem Schirm vergrößern und verkleinern, indem Sie die Brennweite der Linse einstellen. Im Realexperiment müssten sie für diese Änderungen natürlich den Laser bzw. die Linse austauschen.

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