In der Geschichte der Physik unterscheidet man zwei Phasen:
- die "klassische Physik" bis etwa zum Jahr 1900 und
- die "moderne Physik" ab etwa dem Jahr 1900
Die schulischen Lerninhalte, die Sie bislang kennengelernt haben, gehören zur "klassischen Physik". Die Grundidee der "klassischen Physik" wird beschrieben durch den Laplaceschen Dämon. Der Mathematiker Pierre-Simon Laplace hat im Jahr 1814 folgende Aussage in seinem Aufsatz "Essai philosophique sur les probabilités" niedergeschrieben:
„Wir müssen also den gegenwärtigen Zustand des Universums als Folge eines früheren Zustandes ansehen und als Ursache des Zustandes, der danach kommt. Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen, und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen, würde in der gleichen Formel die Bewegungen der größten Himmelskörper und die des leichtesten Atoms einbegreifen. Nichts wäre für sie ungewiss, Zukunft und Vergangenheit lägen klar vor ihren Augen.“
Die Physik der Atome war am Ende des 20. Jahrhunderts weitgehend unerforscht, man war sich aber sicher, dass auch die Atome den Gesetzen Newtons, Maxwells,... gehorchen. Sobald geeignete Geräte zur Verfügung stünden und man damit Messdaten in der atomaren Welt sammeln könnte, würden die bekannten Gesetze die atomaren Vorgänge richtig beschreiben. Daher galt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Physik als weitgehend abgeschlossene Wissenschaft. Als fleißiger Experimentalphysiker konnte man Tabellenbücher weiter füllen, aber wirklich Neues, Bedeutendes gäbe es nicht mehr zu entdecken. Als Max Planck, einer der Begründer der modernen Physik, seinen Wunsch äußerte Physik zu studieren, wurde ihm von einem Münchner Physikprofessor davon abgeraten, denn es sei schon fast alles erforscht und es gelte, nur noch einige unbedeutende Lücken zu schließen.
Als neue Geräte entwickelt wurden, mit denen Experimentalphysiker*innen Messdaten in der atomaren Welt sammelten, wurde die Physik beim Versuch, diese Messdaten mit den klassischen Gesetzen zu erklären, in die größte aber zugleich auch produktivste Krise ihrer Geschichte gestürzt. Die Krise war die Geburtstunde der "modernen Physik", die heute mit den beiden Begriffen "Quantenfeldtheorie" und "Allgemeine Relativitätstheorie" benannt wird.
Im Kerncurriculum des Leistungskurses Physik wird der Übergang der Physik vom klassischen zum modernen Paradigma nicht aufgeführt. Vielmehr werden im Thema "Quantenphysik" Aussagen zu Quantenobjekten aneinandergereiht. In diesem Kurs weichen wir von der vorgeschlagenen Reihenfolge des Kerncurriculums ab. Sie werden Experimente kennenlernen, welche die Krise des klassischen physikalischen Weltbilds ausgelöst haben und Ihnen wird mit historischem Bezug aufgezeigt, wie experimentelle Messdaten dieser Experimente nur mit neuen, seltsam anmutenden Modellen beschrieben werden konnten.
Angefangen hat die Krise mit dem Thema, mit welchem wir das Thema "Schwingungen und Wellen" beendet haben: Licht.