Lochkamera
Im letzten Kapitel hast du gelernt, dass mit einer Lupe (Sammellinse) der Sehwinkel vergrößert werden kann, so dass man kleine Objekte (wie eine Ameise) stark vergrößert sieht. Damit du die Ameise und alles andere in deiner Umgebung überhaupt sehen kannst, brauchst du das wichtigste optische Werkzeug überhaupt: dein Auge.
Wie dein Auge funktioniert, sollst du jetzt lernen.
Experiment 1:
Stelle dich vor einen Spiegel und schau dir dein Auge aus der Nähe an. Was fällt dir auf?
Beobachtung: hier klicken...
In der Mitte des Auges ist eine kleine dunkle Öffnung ("Pupille"), die von einem bunten Bereich umgeben ist ("Iris"). Durch die Pupille fällt Licht in dein Auge.
Lichtbündel und Pupille
Was geschieht mit Licht, wenn es durch die Pupille in ein Auge fällt? Das soll anhand von einigen Skizzen überlegt werden.
Wir betrachten einen grünen Punkt, der z.B. auf einem Blatt Papier aufgemalt ist. Von diesem grünen Punkt gehen Lichtbündel in alle Richtungen aus. Die meisten Lichtbündel fliegen irgendwo hin und landen auf der Wand, auf dem Boden und manche schaffen es vielleicht durch den Himmel ins Weltall. Uns interessieren aber nur ein paar wenige Lichtbündel, welche der grüne Punkt aussendet, nämlich die Lichtbündel, die durch die Pupille in das Auge fliegen.
Wir wissen, dass sich Licht geradlinig ausbreitet. Das Licht, das der grüne Punkt ausgesendet hat und durch die Pupille geflogen ist, bewegt sich auch hinter der Pupille auf einer geraden Linie. Wenn man das Papier so vor das Auge hält, dass der grüne Punkt oberhalb der Pupille auf dem Papier gemalt ist, dann verläuft das Lichtbündel hinter der Pupille unterhalb der Pupille.
Wenn der grüne Punkt unterhalb der Pupille auf das Papier gemalt wurde, dann verläuft das Lichtbündel hinter der Pupille oberhalb der Pupille.
Damit folgt etwas erstaunliches: Das Bild z.B. von einem Baum steht in unserem Auge auf dem Kopf! Unser Gehirn weiß das aber und dreht in unserer Vorstellung das, was wir sehen, nochmal auf den Kopf, so dass die Welt für uns richtig herum aussieht.
Wenn man sich im Auge die Lichtbündel ansieht, dann fällt auf, dass diese immer weiter auseinanderlaufen, je weiter weg man von der Pupille ist.
Das wollen wir uns genauer ansehen!
Bilder in einer Lochkamera
Eine Anordnung, bei der Licht durch eine kleine Öffnung auf eine Leinwand/einen Schirm fällt, nennt man eine "Lochkamera". Je nachdem wie weit der Schirm von der kleinen Öffnung entfernt ist, kann das Bild kleiner sein als der Gegenstand, der das Licht aussendet oder auch größer.
1) Das Bild auf dem Schirm ist kleiner als der Gegenstand
2) Das Bild ist genauso groß wie der Gegenstand
3) Das Bild ist größer als der Gegenstand
Lochkamera bauen
Wie die Lichtausbreitung an einer Lochblende funktioniert und wie mit einem kleinen Loch eine optische Abbildung erzeugt werden kann, sollst du im folgenden lernen. Dafür wollen wir zuerst eine Lochkamera bauen.
Experiment 1: Bauanleitung
Öffne den nachfolgenden Link zur Anleitung und prüfe, ob du das Bastelmaterial zuhause hast. Wenn du das Bastelmaterial vor Ort hast, dann kannst du direkt loslegen und deine eigene Lochkamera bauen. Wenn du das Material nicht vollständig verfügbar hast, dann brauchst du es nicht extra kaufen und kannst einfach auf der Webseite weiterlesen und direkt zu den Beobachtungen des Experiments 2 gehen.
Eine Bauanleitung findest du hier .
Experiment 2: Beobachtungen mit der Lochkamera
Nun kannst du mit deiner gebastelten Lochkamera ein paar Experimente durchführen.
Laufe mit deiner Lochkamera in deinem Zuhause herum und schaue dir mindestens drei Gegenstände drinnen und draußen an. Suche dir einen Gegenstand aus und versuche ein möglichst scharfes und großes Bild auf deinem Schirm zu erzeugen. Beschreibe, wie dein Bild aussieht.
Beobachtung: hier klicken...
Du hast sicher zahlreiche Beobachtungen gemacht. Doch alle Beobachtungen haben ein paar Gemeinsamkeiten:
- Man kann Farben auf dem Bild erkennen.
- Der Gegenstand steht auf dem Kopf und die Seiten sind vertauscht. Das heißt, der Gegenstand wird vollständig umgekehrt und seitenverkehrt abgebildet.
- Die Abbildung ist etwas dunkler und unschärfer als der beobachtete Gegenstand.
- Die Größe des Gegenstandes und der Abstand vom Gegenstand zur Lochblende beeinflussen die Bildgröße.
Bildentstehung in der Lochkamera
Um zu verstehen, wie deine Beobachtungen zustande kommen, schauen wir uns an, wie ein Bild in der Lochkamera entsteht. Hierfür betrachten wir zuerst einen einfachen Fall:
Ein Gegenstand, der beleuchtet wird, streut Licht in alle Richtungen. Wenn in einem dunklen Raum eine Lampe vor einer Lochblende steht, dann fällt nur das Licht der Lampe durch das Loch der Lochkamera auf den Schirm. Das Lichtbündel erzeugt auf dem Schirm einen Lichtfleck. Wenn das Lichtbündel parallel zur optischen Achse verläuft, dann hat der abgebildete Lichtfleck die Form des Loches der Lochkamera (in der Abbildung siehst du einen kreisförmigen Lichtfleck).
Wenn wir uns eine Kerze durch die Lochkamera anschauen, dann sieht es schematisch wie folgt aus:
Ein Bild von einem Gegenstand entsteht aus allen abgebildeten Lichtflecken eines Gegenstandes. Hier sind die Lichtstrahlen, die vom obersten und untersten Punkt der Kerzenflamme ausgehen durch die Lochblende dargestellt. Das Bild auf dem Schirm steht auf dem Kopf und seine Seiten sind vertauscht, da sich das Licht geradlinig ausbreitet. So wird der oberste Gegenstandspunkt der Kerze am untersten Bildpunkt auf dem Schirm abgebildet. Die Lichtstrahlen stören einander dabei nicht. Das heißt, sie können sich ungehindert durchdringen.
Vergrößert man die Lochöffnung, überlagern sich die abgebildeten Lichtflecken des Gegenstandes. Die Lichtstrahlen haben dann mehr Wege durch die Lochöffnung und somit entstehen größere Bildpunkte auf dem Schirm, die zu einem Gegenstandspunkt gehören. Bei der Kerze wird der oberste Gegenstandspunkt der Flamme somit in einem unteren Bereich auf dem Schirm abgebildet (und nicht auf einen exakten Bildpunkt). Der Grund dafür ist, dass sich die einzelnen Lichstrahlen überlagern. Das Bild ist unscharf. Je größer die Lochöffnung ist, desto mehr Lichtbündel überlagern sich und führen dazu, dass sich die Lichtflecken auf dem Schirm stärker vermischen und überlappen. Die Abbildung auf dem Schirm wird unschärfer. Je kleiner die Lochöffnung ist, desto weniger Lichtbündel überlagern sich und somit vermischen sich auch weniger abgebildete Lichtflecken. Die Abbildung auf dem Schirm wird schärfer. Das nachfolgende Experiment soll das Verhalten verdeutlichen.
Experiment 3: Variation der Lochgröße
Starte die Simulation und stelle feste Werte für die Gegenstandsweite und die Bildweite ein.
Zum Beispiel: Gegenstandsweite g = 8 und Bildweite b = 8. Variiere dann die Größe der Lochblende. Wir können die oben gemachten Aussagen beobachten:
- Je größer die Lochblende, desto unschärfer wird die Abbildung.
- Je kleiner die Lochblende, desto schärfer wird die Abbildung.
Nun können wir schon viele Beobachtungen erklären. Wir sehen, warum der Gegenstand seiten- und höhenverkehrt abgebildet wird, warum er dunkler ist und dass Farben abgebildet werden.
Bildgröße in der Lochkamera
Allerdings können wir den Zusammenhang zwischen der Bildgröße, der Größe des Gegenstandes und dem Abstand vom Gegenstand zur Lochblende noch nicht genau beschreiben. Hierfür wollen wir ein paar weitere Versuche machen.
Experiment 4: Zusammenhänge zur Bildgröße bei der Lochkamera
Hierfür wollen wir uns ein paar Zusammenhänge mit folgender Simulation verdeutlichen. Die Simulation findet ihr hier .
- Setze für alle Kästchen ein Häkchen, so dass dir alles angezeigt wird (mit der Ausnahme: Szene verkleinern, die brauchst du nicht einstellen). Schaue genau hin, was sich in der Abbildung verändert, dann siehst du, was die optische Achse, den Gegenstand, das Lichtbündel, … beschreibt.
- Variiere jeweils die passende Größe (und lasse die anderen konstant!), um folgende Sätze zu ergänzen:
- Wenn die Entfernung des Gegenstands (Gegenstandsweite g) und die Entfernung des Schirms (Bildweite b) vom Loch der Lochkamera unverändert bleiben, dann gilt: Je größer der Gegenstand G, desto …
- Wenn die Entfernung des Gegenstands (Gegenstandsweite g) vom Loch der Lochkamera und die Gegenstandsgröße G unverändert bleiben, dann gilt: Je kleiner der Abstand b zwischen der Lochblende und dem Schirm, desto …
- Wenn die Entfernung des Schirms (Bildweite b) vom Loch der Lochkamera und die Gegenstandsgröße G unverändert bleiben, dann gilt: Je kleiner der Abstand g zwischen dem Gegenstand und der Lochblende, desto ...
Beobachtung: hier klicken...
- Wenn die Entfernung des Gegenstands (Gegenstandsweite g) und die Entfernung des Schirms (Bildweite b) vom Loch der Lochkamera unverändert bleiben, dann gilt: Je größer der Gegenstand G, desto größer ist das Bild B auf dem Schirm.
- Wenn die Entfernung des Gegenstands (Gegenstandsweite g) vom Loch der Lochkamera und die Gegenstandsgröße G unverändert bleiben, dann gilt: Je kleiner der Abstand b zwischen der Lochblende und dem Schirm, desto kleiner wird das Bild B.
- Wenn die Entfernung des Schirms (Bildweite b) zum Loch der Lochkamera und die Gegenstandsgröße G unverändert bleiben, dann gilt: Je kleiner der Abstand g zwischen dem Gegenstand und der Lochblende, desto größer wird das Bild B.
Mit diesen Beobachtungen kannst du nun auch den Zusammenhang zwischen der Bildgröße, der Gegenstandsgröße und dem Abstand zwischen dem Gegenstand zur Lochblende (Gegenstandsweite) beschreiben. Außerdem haben wir noch beobachtet, wie sich der Abstand zwischen der Lochblende und dem Schirm (Bildweite) auf das Gegenstandsbild auswirkt.
Vergleich einer Abbildung mit einer Lochblende und einer Sammellinse
Wir haben gesehen, dass man mit einer Lochbildkamera ein Bild erzeugen kann. Mit einer Sammellinse können auch Bilder erzeugt werden. Diese sind im Vergleich zu den erzeugten Bildern einer Lochbildkamera besonders scharf und heller. Der Unterschied bei der Bildentstehung bei Sammellinsen besteht darin, dass von jedem Punkt auf dem Gegenstand ein Bildpunkt abgebildet wird. Bei der Lochkamera gelangt nur Licht durch eine kleine Öffnung auf den Schirm, bei der Sammellinse viel mehr Licht, sodass das Bild viel heller ist. Wenn man das Loch der Lochkamera vergrößert, erhält man zwar auch ein helleres Bild, dieses ist aber deutlich unschärfer. Der Grund dafür liegt darin, dass eine Linse ein Lichtbündel so „verformt“, dass sich die Lichtstrahlen hinter der Linse in einem Punkt sammeln (dem Brennpunkt). Es wird jeder Gegenstandspunkt auf einen Bildpunkt abgebildet, wohingegen bei der Lochkamera die jeweiligen Gegenstandspunkte keine getrennten Bildflecken erzeugen und sich vermischen. Ein scharfes Bild auf dem Schirm kann nur dann entstehen, wenn jedem Gegenstandspunkt eindeutig genau ein Bildpunkt zugeordnet werden kann. Die nachfolgende Simulation soll dies verdeutlichen.
Experiment 5: Vergleich einer Abbildung mit einer Lochblende und einer Sammellinse
- Starte die Simulation und stelle feste Werte für die Gegenstandsweite und die Bildweite ein.
- Suche einen geeigneten Wert, um den Gegenstand möglichst unscharf abzubilden. Zum Beispiel (wie vorhin): Gegenstandsweite g = 8 und Bildweite b = 8. Eine geeignete Lochblende muss möglichst groß sein, beispielsweise L = 2.
- Klicke anschließend auf das Feld neben "Linse".
- Stelle die Brechkraft der Linse auf 25.
Du kannst du nun sehen, dass eine Linse eine scharfe und helle Abbildung erzeugt, während die Lochkamera den Gegenstand unscharf abbildet. Allerdings muss dafür der Brennpunkt der Linse genau auf dem Schirm auftreffen. Wenn du die Brechkraft der Linse hier veränderst, erkennst du, dass die Linse auch ein unscharfes Bild erzeugt. Der Grund dafür liegt darin, dass die Lichtstrahlen im Brennpunkt gebündelt werden und nur in diesem Punkt eine eindeutige Abbildung vom Gegenstandspunkt zum Bildpunkt vorliegt. Sobald dieser Punkt (der Brennpunkt) nicht mehr auf dem Schirm liegt, wird auch die Abbildung mit der Linse unscharf.
Exkurs:
Eine Lochkamera kann auch viel größer gebaut werden. Sie wird dann (lateinisch): camera obscura, genannt. Übersetzt bedeutet der Name „dunkle Kammer“.
In diesem Video wird eine solche Kamera gebaut.